Alexander Braun, der jüngst auf seiner Solo-EP "Eiskalt" einen recht guten Geschmack in Sachen Coverversionen bewiesen hat, verdingt sich bekanntlich auch bei !DISTAIN, die mittlerweile nur noch zu zweit sind. An der Ausrichtung des Projekts ändert sich auf seinem neuen Album jedoch nichts; vielmehr erscheint es so, als würden Braun und Sounddesigner Manfred Thomaser mit "Farewell To The Past" auf Nummer sicher gehen, auch wenn der Titel darüber hinwegzutäuschen sucht.
Nein, !DISTAIN schneiden beileibe keine alten Zöpfe ab. Ihre achte Scheibe ist Pflichterfüllung auf gehobenem Niveau, bei der das Duo von seiner langjährigen Erfahrung zehrt, aber eben nicht immer in dem Bestreben reüssiert, etwas zu bieten, das der kundige Fan noch nicht von ihm gehört hat. Das soll wiederum nicht bedeuten, "Farewell To The Past" sei anspruchslos.
Thomaser hatte schließlich schon immer ein Gespür für vielschichtige Arrangements, die !DISTAINs Pop-Anspruch selten zuwiderliefen. 2018 sind es die Singles 'SynthPopBoy' und 'Maid Of Freedom', aber auch erst auf den zweiten Blick zündende Tracks wie 'Wake Me Up' oder 'Targets', die das Fantasievolle mit dem Zweckmäßigen (Hit-Kompatibilität) verbinden, nicht zu vergessen das Instrumental 'No Aces Left'.
Auf der anderen Seite stehen ausgerechnet die beiden enthaltenen Kollaborationen als allzu schematisch gestrickte Stücke. 'The Cosmic Revolution' wirkt im Duett von Braun mit Seyhan vorgetragen zu offensichtlich auf die Club-Charts getrimmt, wohingegen mit DJ und Produzent Oren Amram in Szene gesetzte Finale 'The Guest House' andeutet, dass !DISTAIN geradezu krampfhaft um neue Impulse ringen und diese an den falschen Orten suchen.
Dieses übrigens solide von den Bayern selbst produzierte Album mag einen Befreiungsschlag bedeuten, dürfte aber in ein paar Jahren als Übergangswerk betrachtet werden - dies vorausgesetzt, !DISTAIN finden einen Weg aus dem Finster-Electro-Einerlei.
FAZIT: "Farewell To The Past" ist ein Synth-Pop-Album nach Schema F mit dem einzigen Mehrwert Expertise. !DISTAIN sind über die Jahre hin zu einer Institution der Szene geworden, und das hört man ihrem aktuellen Material in kompositorischer wie produktionstechnischer Hinsicht an. Mehr Emotion statt Handwerksdemonstration hätte der Platte jedoch gutgetan. <img src="http://vg06.met.vgwort.de/na/b533ad82464e411390bd803d1145766c" width="1" height="1" alt="">
Punkte: 8/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 15.10.2018
Echozone
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19.10.2018