Böse Zungen behaupten ja mitunter, dass man nach einem Philosophie-Studium zwangsläufig auf der Straße landet. Wie Eliza Shaddad, die ihren Bezugspunkt allerdings freiwillig gewählt hat und als Straßenmusikerin auftrat. Beim Musizieren unter offenem Himmel wurde sie von Jack Patterson entdeckt, der Shaddad in seine Band CLEAN BANDIT holte. Die Solo-EPs „Waters und „Run“ kamen 2014 und 2016 zustande. „Future“ ist Eliza Shaddads Langspieldebüt.
Dream Pop, ein Schlag Shoegaze im COCTEAU TWINS/(frühe) CURE-Gefolge und etwas Folk für die Bodenhaftung, fertig ist eine reizvolle Melange. Der Rolling Stone vermutet noch „lasziv schimmernden Grunge“ in der feinen Songauswahl. Soll er. Da Shaddad trotz anheimelnder und einschmeichelnder Melodien nicht zum süßlichen Pop-Surrogat mutiert, sondern sich einen Hauch Sperrigkeit bewahrt, ist dieser Vergleich so gut wie jeder andere, der die Musik zu Recht vom lauwarmen Bad im Mainstream abgrenzt. Beim drängenden, finsteren „Your Core“ ist er sogar naheliegend.
Eliza Shaddad singt tatsächlich mit betörender Laszivität, erzählt kleine Geschichten vom Abschiednehmen, lässt ihre Zuhörer teilhaben am Schmerz einer Trennung. Ist keine revolutionäre Erkenntnis, eine Liebesbeziehung zu beenden, obwohl man den anderen noch mag. Lag gestern noch Liebe in der Luft, reicht’s heute nurmehr für eine Freundschaft. Wenn alles glatt läuft. Was selten passiert. Eignet sich aber bei entsprechender Befähigung und Ausdrucksvermögen, die Trauer über das Enden in melancholischen Edel-Pop zu verwandeln.
Eliza Shaddad lässt flirrende Gitarren zu oszillierenden Keyboardflächen kreisen, geerdet von einer beherzten Rhythmussektion, ergibt im Verbund mit den einprägsamen Melodien ein wohlgestaltetes Kleinod, funkelnd in der Düsternis. Obwohl die Songs mittleres Tempo nie überschreiten, versanden sie nicht in belanglosem Schmus. Im Gegenteil. Gerade die getragenen, schleichenden Stücke sind besonders eindrücklich, auch dank einer geschickten, nie überladenen Instrumentierung (das intensive „The Conclusion“ mit akzentuiertem Orgeleinsatz).
FAZIT: Eliza Haddads Debüt bietet ausgefeilten Wohlklang mit kleinen Widerhaken. Inbrünstiger Art Pop mit viel Seele und fein austarierten Arrangements, weit entfernt vom glattpolierten Allerwelts-Pop der üblichen Verdächtigen. Trennungsschmerz äußerst verführerisch verarbeitet.
Punkte: 12/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 29.12.2018
Andrew Bond, Chris Bond
Eliza Shaddad
Eliza Shaddad, Andrew Bond, Chris Bond
Andrew Bond, Eliza Shaddad
Chris Bond
Eliza Shaddad, Chris Bond, Andrew Bond (percussion)
Ferryhouse/Warner Music
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16.11.2018