Im deutschsprachigen Rock findet momentan ein Umdenken statt, da kumpelhafter Befindlichkeitsquatsch und zwielichtiger Nationalstolz im Zuge von Frei.Wild und Co. zusehends verpönt ist. FINTE folgen inhaltlich ganz anderen Vorbildern, ja stehen vielleicht sogar im Zeichen von Kante oder (vor allem) den Gipfelstürmern Fjørt. Musikalisch sind sie mit letzteren vergleichbar, obgleich sie keine so schlagfertigen Songs schreiben und instrumental verkopfter zur Sache gehen.
Math Rock würden die Briten und Amerikaner die auf "Ignoranz und Illusion" enthaltene Musik nennen. FINTE gefallen sich in mathematischem Herumschieben von Rhythmus-Pattern und hibbeligem Gedudel, das bisweilen ein bisschen schwachbrüstig klingt, weil die Band auf eine organische, sehr live anmutende Produktion setzt; so kommt es, dass die Riffs wegbrechen, wenn flotte Leadlines eingestreut werden, zumal auch luftige Passagen hinzukommen, die das Ganze dann aber auf wirkungsvolle Weise auflockern.
Es ist kurios, doch bei dem ganzen Hin und Her ist eine gewisse Poppigkeit nicht von der Hand zu weisen, gleichwohl sie in Zukunft weiter ausgebaut werden darf. FINTE sind nämlich immer dann am stärksten wenn sie ihre verquaste Lyrik von intellektuellem Mief befreit in eher geradlinige Strukturen betten. Bestes Beispiel dafür ist das fetzige 'Mehr Atmen', das man sich vor den sperrigen anderen Tracks einfahren sollte, falls man auf den Stoff der beiden genannten Gruppen steht.
Die Hildesheimer haben zudem einen Sänger in ihren Reihen, der neben für Post Hardcore (dieser Szene fühlt sich die Band zugetan) üblichem Geschrei auch Melodien mit Langzeitwirkung auf dem Kasten hat. Das Einzige, was FINTE davon abzuhalten scheint, ihr volles Potenzial auszuschöpfen, ist ihre eingebildete Sippenhaft; der gehobene musikalische und inhaltliche Anspruch ihres Milieus muss sich nicht mit zugänglichen Kompositionen beißen.
FAZIT: Thematisch kommen FINTE wie eine aktualisierte Version des Post Punk von EA80 oder Fehlfarben daher, während rein instrumental vertrackter Core-Kram Pate für diese EP stand. Aus der Band wird mehr, falls sie ihre Szene-Scheuklappen ablegt und sich als die kompositorisch starke Formation zeigt, die sie im Grunde genommen ist - bewusstes Gegen-den-Strich-Bürsten hin, Prog-Rock-Ehrgeiz her.
Punkte: 8/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 03.06.2018
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01.06.2018