Man muss wirklich nicht nach Frankreich reisen, um dieses Land zu lieben. Manchmal reicht schon, die außergewöhnliche, einmalige Jazz-Musik aus, die als das GRAND ORCHESTRE DU TRICOT <a href="https://www.youtube.com/watch?v=IDWwRAbTYh0" rel="nofollow">wie die „Trompeten von Jericho“</a> von dort erklingt und die von dieser Band verehrte und mit einer Hommage bedachten LUCIENNE BOYER zu kennen, um Frankreich mit Haut und Haar und natürlich den Ohren zu verfallen.
Mit ihrem <a href="https://www.youtube.com/watch?v=266ecgV0mnA" rel="nofollow">„Tribute To Lucienne Boyer“</a> jedenfalls übertrifft sich dieses Jazz-Orchester mit der faszinierend-charismatischen Sängerin Angela Flahault, die wohl auch das Cover ziert und sich in einem Kleid präsentiert, das denen der gehuldigten, am 18. August 1903 in Paris geborenen und mit 80 Jahren verstorbenen <a href="https://www.youtube.com/watch?v=rIAQWr34De0" rel="nofollow">französischen Sängerin Lucienne Boyer</a> sehr ähnelt, um Längen und ist zugleich der pure Jazz-Orgasmus, der in „Je T‘aime“ förmlich explodiert bis er sich in dem traurigen „Parlez Moi D‘amour“ (Erzählen Sie mir von der Liebe) – das übrigens bereits recht langweilig von MIRELLE MATTHIEU und NANA MOUSKOURI sowie CHARLES AZNAVOUR & PATRICIA KAAZ gecovert wurde (Zumindest wenn man diese Interpretation des Grand Orchestre Du Tricot kennt!) – abschließend ergießt.
Jazz und Klassik sowie Pop und Bar-Rhythmen treffen als die pure Fusion aus ernster und Unterhaltungsmusik bei diesem Album frontal aufeinander. Aber sie enden nicht in einem musikalisch tödlichen Total-Crash, sondern als die spannende Vereinigung dieser sich gänzlich voneinander unterscheidenden Strömungen – sie ertränken uns nicht in ihren jeweiligen Quellen und Sogen, sondern vereinen sich zu einem Fluss. Sogar progressiv Rockendes erwartet den neugierigen Hörer, wenn der Longtrack „Parti Sans Taisser D‘adresse“ erklingt – ein pures Stimmungsfeuerwerk zwischen Cello-Klassik und Metal-Gitarre, französischer und deutscher Sprache, die auch noch so gesprochen wird, als hätte man den gleichen Vocoder wie auf TANGERINE DREAMs „Alpha Centauri“ verwendet, bis man sich dann in wilde, irre Bläser-Sequenzen verabschiedet.
Irre! Wild! Faszinierend! Ja, das alles passt, wenn man gänzlich benommen und verwirrt zwischen seinen Boxen sitzt und sich bereits nach dem ersten Hördurchgang von „Tribute To Lucienne Boyer“ des GRAND ORCHESTRE DU TRICOT, das auch noch großartig im Digipak gestaltet ist, die Frage stellt, warum so etwas in Frankreich möglich ist, während bei uns noch immer die musikalische Radio-Kacke am Dampfen ist und eine Helene Fischer nicht im Entferntesten einer Angela Flahault das Musik-Wasser, geschweige denn ihre Stimme reichen kann. Das sollte als FAZIT reichen!
Punkte: 13/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 02.01.2018
Stephane Decolly
Angela Flahault
Eric Amrofel
Roberto Negro
Florian Satche
André ROBILLARD : récitant Robin MERCIER : récitant Théo CECCALDI : violon, alto, clavier Gabriel LEMAIRE : saxophones, clarinettes Quentin BIARDEAU : saxophones, objets Jean-Brice GODET : clarinettes, dictaphones Roberto NEGRO : claviers Guillaume AKNINE : guitares, banjo Valentin CECCALDI : violoncelle, basse Florian SATCHE : percussions, objets Adrien CHENNEBAULT : percussions, objets Jean-Pascal RETEL : vidéo Guillaume COUSIN : lumières Mathieu PION : son
Tricollectif
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08.12.2017