Ein wirklich sperriges Album ist es geworden, diese Gemeinschaftsarbeit der beiden Elektroniktüftler HAGEN VON BERGEN und CHRISTIAN FIESEL aus Hunsrück.
Auf den beiden über halbstündigen Stücken „Anschnallzeichen 1“, für das Christian Fiesel die musikalische Verantwortung übernahm, und „Anschnallzeichen 2“, bei dem Hagen von Bergen federführend ist, gibt es in erster Linie unglaubliche Klang-Effekte zu hören, die speziell unter Kopfhörern wilde Achterbahnfahrten durch die beiden Ohrmuscheln vollführen. Nur leider lebt „Sperrgut“ größtenteils von diesen Klang-Collagen und Sound-Effekten, nicht aber von durchkomponierter elektronischer Musik.
Grundlage für beide Electronic-Trips sind zahlreiche Samples, die von Bergen überwiegend bei seinen Flugreisen aufnahm und die er, nachdem von Bergen und Fiesel 2016 die Idee hatten, nach ihren Solo-Doppelalben <a href="http://musikreviews.de/reviews/2017/Hargest-Darken/Der-dauernde-Fluss/" rel="nofollow">„Der dauernde Fluss“</a> und <a href="http://musikreviews.de/reviews/2017/Christian-Fiesel/Hagens-Delight/" rel="nofollow">„Hagen‘s Delight“</a>, ein gemeinsames Album anzugehen, das als „Sperrgut“ wirklich nicht sperriger werden konnte, da es die Samples verstärkt über die Electronics oder Rhythmen stellt, sodass sich die beiden aus dem, was wir als Berliner Schule kennen, emanzipieren und ihre ganz spezielle „Hunsrücker Schule“ daraus werden lassen.
Hört und betrachtet man das Album aus dieser Sicht, dann ist „Sperrgut“ eine neue musikalische Richtung von Free-Samples-Electronic-Jazz. Das klingt auf den ersten Blick wahrscheinlich genauso seltsam wie der erste Hördurchgang von „Sperrgut“.
So zählt zu einem der schönsten Momente auf „Anschnallzeichen 1“, wenn überraschend eine akustische Gitarrenmelodie die finsteren Mellotron- und Noise-Sounds mit einer feinen Melodie durchdringt und auch eine E-Gitarre ein paar Akzente setzt.
Auf „Anschnallzeichen 2“, dem deutlich rhythmischeren Stück, wiederholen sich dagegen mitunter dem Techno ähnliche, stampfende Klänge, die von Airport-Ansagen, Flugzeuggeräuschen sowie weitere, ähnlich farbenfrohe Samples, wie die Fotos im Digipak und Booklet es zuvor ankündigen, befeuert werden, aber letzten Endes auch in diesem Sinne kein wirkliches kompositorisches Konzept erkennen lassen.
FAZIT: Zwei elektronische Freigeister lassen auf „Sperrgut“ ihren musikalische Freigeist losgaloppieren und überraschen den Hörer mit dieser effektvollen Flugreise voller Sampler-Turbulenzen mit gleich zwei halbstündigen Anschnallphasen, die es in sich haben. Wann wir uns wieder abschnallen dürfen, bleibt bisher noch das Geheimnis von CHRISTIAN FIESEL und HAGEN VON BERGEN!
Punkte: 10/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 21.02.2018
Hagen von Bergen, Christian Fiesel
Bi-Za Records
67:01
15.09.2017