Der Name, den sich die zehn Musikerinnen und Musiker des HAÏDOUTI ORKESTAR (bekannt womöglich für den Soundtrack zum Film "Unterwegs mit Jacqueline") gegeben haben, verweist auf die historisch nicht unbedeutenden Heiducken, mehr oder weniger gesetzlose Freiheitskämpfer im Widerstand gegen die Osmanen in Osteuropa, was bereits ein Stück weit auf den Stil des Ensembles hindeutet. So ähnlich wie Tram Des Balkans derzeit gelingt es der Gruppe, sich von im Bereich zeitgenössischer Musik am Rand des Orients vorherrschenden Konventionen freizusprechen und ein sehr eigenes Ding durchzuziehen.
Der Titel "Babel Connexion" spielt bereits darauf an, dass unter Verwendung von Stilmitteln aus der griechischen, bulgarischen, türkischen und russischen Folklore mmehrsprachig Texte (u.a. Arabisch und Französisch) gesungen und gesprochen werden. Es handelt sich also um ein außerordentlich lyrisches Album, doch HAÏDOUTI ORKESTAR bestehen auch aus überragenden Instrumentalisten, deren Darbietungen selbst Prog-Liebhaber mit der Zunge schnalzen lassen dürfen.
Und ja, es geht mitunter auch rockig zu auf "Babel Connexion", wenn auch nicht im herkömmlichen Sinn. Sowieso sind HAÏDOUTI ORKESTAR in keiner Hinsicht gewöhnlich, selbst wenn sie anklingen lassen, was man schwammig als Zigeunermusik bezeichnen kann. Obwohl oder gerade weil sie weitgehend auf akustische Instrumente zurückgreifen (Klavier, Akkordeon, Bläser), erzeugen die Musiker eine beachtliche Wucht, deren Intensität dank einer atmenden Produktion abwechselnd zunimmt und nachlässt.
Eingedenk ihrer rhythmischen Flexibilität gerantierten HAÏDOUTI ORKESTAR so anhaltende Kurzweil … und von den vielen unterschiedlichen Gesangsstimmen haben wir noch gar nicht gesprochen. Um den inhaltlichen Rahmen der Kritik nicht mit der Themendiversität auf "Babel Connexion" zu sprengen, sei ausschnitthaft auf die Feminismus-Hymne 'Kece Kürdan' verwiesen, vorgetragen von der Kurdin Edika Gunduz.
FAZIT: Der zehnköpfig Drache HAÏDOUTI ORKESTAR liefert mit "Babel Connexion" ein inhaltlich anspruchsvolles und musikalisch zwar gleichfalls forderndes, aber verblüffende Leichtigkeit hervorkehrendes Album ab, das die Band spätestens jetzt zu den Impulsgebern schlechthin für die Balkan-Beats-Szene (oder wie man es auch immer sonst nennen möchte) gezählt werden muss.
Punkte: 12/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 22.08.2018
Tchekchouka
45:23
03.08.2018