Auch wenn wir uns bereits mit HARGEST DARKEN, das elektronische Solo-Projekt von HAGEN VON BERGEN alias Frank Schüßler tief in <a href="http://www.musikreviews.de/reviews/2017/Hargest-Darken/Der-dauernde-Fluss/" rel="nofollow">den dauernden Fluss</a> begaben, so haben wir doch nie das bereits sechs Jahre zuvor erschienene „Abschied ist ein schweres Schaf“ von HARGEST DARKEN aus den Augen und Ohren verloren, schon weil der ironische klingende Titel und das seltsame Cover so einige Aufmerksamkeit wecken. Noch hinzu kommt, dass sich fast alle Titel der sechs Stücke – natürlich bis auf die ROGER WHITTAKER-Veralberung von „Abschied ist ein scharfes Schwert“ –, die dem Album klangvoll ihre verbale Ausstrahlung verleihen, unmittelbare Bezüge zu GENESIS herstellen. Wer aber glaubt, dass uns nun ein buntes Musik-Potpourri zwischen Whittaker und Genesis erwartet, der irrt sich natürlich gehörig und wird voller Entsetzen nach den ersten Klängen von „Abschied ist ein schweres Schaf“ die CD seinem Player entreißen.
Darum sollte ganz besonders die Musik hinter dieser Verpackung viel mehr von unserer Aufmerksamkeit wecken, denn sie vereint die elektronische 70er-Frühzeit der Berliner Schule – besonders der Marke TANGERINE DREAM – mit vielfältigen Sound-Collagen, Samples und Naturgeräuschen sowie dem später sehr intensiv von CHRISTIAN FIESEL praktizierten Dark Ambient.
Schon der Rabe auf dem Cover stellt <a href="http://www.zeno.org/Literatur/M/Poe,+Edgar+Allan/Gedichte/Der+Rabe" rel="nofollow">Parallelen zum weltberühmten Gedicht von EDGAR ALLAN POE</a> her, das am Ende mit dem einen so bedrückenden, endgültigen Wort „Nevermore“ die Weltliteratur erstürmte. Vieles jedenfalls, was man auf „Abschied ist ein schweres Schaf“ zu hören bekommt, klingt atmosphärisch wie die elektronische Musikuntermalung dieses Poe-Meisterwerks.
Ansonsten verbreitet dieses sehr abwechslungsreiche, meistens aber den dunklen Farbtönen verbundene Album viele unterschiedliche, sogar ein wenig progressive und krautrockige Klänge, die keinerlei elektronische Langeweile verbreiten. Von dem Ironisch-Lustigen aber, das durch den Albumtitel unzweifelhaft angekündigt wird, entdecken wir in dieser anspruchsvollen elektronischen Musik (zum Glück) nichts.
Wie schön, dass ein Musiker, welcher sich ganz den Electronics hingibt, zugleich auch viel Sinn für Humor hat und davor selbst bei seinen CD-Veröffentlichungen nicht haltmacht. Das sah dann bei „Der dauernde Fluss“ schon ganz anders aus und hörte sich zugleich auch anders an.
FAZIT: Mit Sinn für Humor und musikalische Abwechslung ist „Abschied ist ein schweres Schaf“ von HARGEST DARKEN ein gelungenes, sogar ein wenig krautrockendes Elektronik-Album geworden, welches sogar mit dem Raben aus dem Hause Edgar Allan Poe finster zu liebäugeln scheint.
Punkte: 11/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 13.09.2018
Frank Schüßler
Bi-Za Records
69:19
13.09.2010