Waschzettel für Presse und Medien sind ein Kreuz, wenn sie Schreibern Steilvorlagen zur negativ-kritischen Rezeption des jeweiligen Sachgegenstandes geben - so geschehen im Fall von HEAVATAR (was bedeutet der Bandname überhaupt?) zweiten Longplayer, bei dessen Bewerbung sich die Strippenzieher im Hintergrund wirklich für keinen Fauxpas zu schade sind. Dass Die Musik als solche dem Versprochenen nicht ansatzweise gerecht werden kann, ist klar, aber ein Debakel ist "Opus II" angesichts der Musiker, die hinter dem Projekt stehen, freilich auch nicht geworden.
„Wie würde es klingen, wenn Beethoven, Mozart, Chopin und ihre Freunde in einer Metal-Band spielen würden?“ Nicht wie HEAVATAR, liebe Werbetext-Schreiber, denn selbst wenn die Band fraglos aus Könnern besteht, bedeutet Können eben nicht automatisch auch Kunst. „Opus II“ bietet wie bereits das Debüt der Band um Van Cantos Stefan Schmidt ausgezeichnetes Handwerk, knallt erfreulich laut und meidet die Stolperfallen des metallischen Orchestergrabens weitgehend, ohne sich über die klaglose Ausführung hinaus hervorzutun – schon gar nicht emotional … es sei denn, man lässt sich von Leistungsschauen zu Tränen rühren; in erster Linie beweist das Projekt hiermit, dass es der Masse symphonischer Autisten dort draußen überlegen ist.
Alle Register ihres stilistischen Spektrums ziehen HEAVATAR völlig vorhersehbar im wahrlich großen Finale, dem knapp unter zwölf Minuten dauernden 'The Look Inside' in "orchestraler Fassung", das zugleich den höchsten Gehalt sinfonischer Klänge aufweist, aber in seiner epischen Struktur eigentlich nicht hätte sein müssen. Die Macher überzeugen nämlich noch am ehesten in ihren kompakten Momenten, die zum Glück den Großteil des Materials ausmachen. Unabhängig davon tut das Wiederhören mit „living drum machine“ Jörg Michael gut und das Cover von Manowars „Metal Daze“ nichts zur Sache, weil der Chor sogar besoffener klingt als im Original.
FAZIT: Wer Metal von Menschen gespielt hören möchte, die in ihrer Sturm-und-Drang-Zeit alles auf eine Karte setzen, wird auch von HEAVATARs zweitem Album kaltgelassen; davon abgesehen bietet "Opus II" bombastischen Metal nach handelsüblichen Mustern auf überdurchschnittlichem Niveau, den sich Freunde solcher Mucke (und nur die) vorbehaltlos genehmigen dürfen. Der Rest hat sowieso nicht bis hierher gelesen.
Punkte: 10/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 07.04.2018
earMusic / Edel
58:59
23.02.2018