Was lange währt … Als eines der Aushängeschilder der Metal-Szene Seattles neben Culprit oder später Sanctuary bekamen Terry Gorle und seine 1984 zusammengestellten HEIR APPARENT nie ein Bein auf den Boden. Dabei fuhr der Gitarrist immer einen recht leicht zugänglichen Sound, der im Sog des Erfolgs von Queensrÿche eigentlich hätte Anklang finden müssen, doch personelle Instabilität wurde der Band zum Verhängnis. Dass sie nach ihrer Wiedervereinigung vor nun auch schon fast 20 (!) Jahren erst jetzt mit ihrem dritten Album in den Startlöchern steht, sagt alles, auch wenn „The View From Below“ letzten Endes das denkbare Optimum dessen markiert, was man von den drei Originalmitgliedern und ihrem jüngeren Keyboarder bzw. Sänger erwarten durfte.
Letzterer heißt Will Shaw (war übrigens Hintergrundstimme auf Ayreons „The Source“) und stellt sich als weitgehend unbeschriebenes Blatt mit Spitzenqualitäten heraus. Im Gegensatz zum Comeback ihrer Nachbarn Fifth Angel haben Terry Gorle und Co. aufgrund ihrer wie früher komplexeren Ausrichtung automatisch einen schwereren Stand. Man muss sich eingehend mit den Songs beschäftigen, um ihre melodischen Qualitäten und emotionalen Facetten (mehr als bei den Kollegen) zu überblicken bzw. schätzen zu lernen. Alleinstellungsmerkmale dabei: ein Händchen für dezent orchestrale Balladen wie ‚Here We Aren‘t‘ oder ‚The Road To Palestine‘ – Savatage lassen grüßen – und gänzlich gegen den Genre-Strich gebürstete Songstrukturen, wie etwa das nicht einmal dreiminütige Geschoss ‚Savior‘ belegt
FAZIT: HEIR APPARENT in der wahrscheinlich besten Form, die sie im Vorfeld eines neuen Albums erlangen konnten … Auch wenn der Unwille, häufiger Gas zu geben, ein absehbarer Fallstrick sein dürfte, nimmt dem Quintett niemand diesen Achtungserfolg, den man allein schon aus Solidarität gemeinsam mit dem neuen Stoff der genannten anderen Rückkehrer Fifth Angel eintüten sollte. <img src="http://vg06.met.vgwort.de/na/528254a5d3f44c25aed9c060e2fe168a" width="1" height="1" alt="">
Punkte: 11/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 15.10.2018
No Remorse / Soulfood
53:35
19.10.2018