Keine Frage, der Dreh- und Angelpunkt des Sounds dieser Hamburger Newcomer ist die zarte, aber in jeder Lage biegsame Stimme ihres Sängers, doch HELL AND HIGH WATERs augeräumter Trio-Sound würde sich auch in einem rein instrumental gehaltenen Kontext bewähren. Schließlich zockt die 2014 gegründete Band einfallsreich und gleichzeitig impulsiv, was sich auch in Songlängen von unter einer bis zu zehn Minuten ('Sixteen' zum Schluss, ein zünftig krachiges Finale) widerspiegelt. Stilstisch lässt sie sich dabei verständlicherweise nicht genau festlegen.
Matthias Schwettmann gibt neben seiner guten Figur am Mikro auch einen spielgeilen Gitarristen ab und scheint auch die kreative Triebfeder der Gruppe zu sein, nicht zuletzt in Hinblick auf seine lesenswerten Texte. Diese werden mithilfe einer dynamisch agierenden Rhythmusgruppe irgendwo zwischen 1990er Britpop ohne ausgewiesenem Kommerzfaktor und den kratzigen Anfängen der US-amerikanischen Indie-Bewegung im vorangegangenen Jahrzehnt platziert, ohne dass man eine einzige Inspiration von HELL AND HIGH WATER heraushören würde.
Wären Cheap Trick aber jemals über längere Zeit hinweg traurig gewesen, hätten sie womöglich wie die Hanseaten geklungen. Durch den Alternative-Filter gestrichene Seventies sind zweifellos nicht von der Hand zu weisen ('Grey Lines'), und obwohl "Neon Globe" klanglich in der Oldenburger Tonmeisterei (Long Distance Calling) in Szene gesetzt wurde, zieht sich ein auf charmante Art antiquiertes Flair durch alle elf Tracks.
Befände sich nun doch noch ein Monster-Hook unter den facettenreichen Kompositionen, dürfte man dem Dreier bescheinigen, zu den momentan heißesten Genre-Acts des Landes zu zählen; für das Prädikat "individuell" reicht es aber so oder so schon.
FAZIT: Brian-Molko-Vocals, naiv scheppernde J-Masic-Arrangements und die fast schulmeisterliche Versiertheit breitbeinig aufgestellter Classic-Rocker werden auf "Neon Globe" so ungezwungen kombiniert, als handle es sich bei HELL AND HIGH WATER um eine alterfahrene Band, und im Alternative-Milieu muss man sie nicht nur deshalb als potenzielle Zukunft des Genres im Auge behalten, weil sie sich vor nicht einmal fünf Jahren gegründet haben. <img src="http://vg06.met.vgwort.de/na/e10a5ad3d13e4d8b8811701b9e7dc2f7" width="1" height="1" alt="">
Punkte: 11/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 27.10.2018
Barhill Records / Cargo
46:27
02.11.2018