Diese Pfälzer sind einen ähnlichen Weg wie viele andere emporgekommene Deutschrock-Kapellen gegangen, indem sie eine Zeitlang Musik anderer Gruppen nachspielten, die aus ebendieser Szene oder dem angrenzenden Punk-Milieu stammen. Nach ihrem ersten Album 2011 bauten sich HERZLOS zusehends eine Gefolgschaft auf, wodurch sich im vergangenen Jahr schließlich der SPV-Ableger Laute Helden veranlasst sah, sie unter Vertrag zu nehmen. Mit "Schwarz – Weiß – Neon" stehen die Zeichen nun auf Sturm, doch ob die Band noch Kapital aus dem abflauenden Trend um die Krawallbrüder und Frei.Wilds der deutschen Musikwelt schlagen können, muss man abwarten.
Dessen ungeachtet handelt es sich bei "Schwarz – Weiß – Neon" (Scheibe Nummer fünf für die Herren) um einen Hybriden aus dem leutseligen Stil, der in den vergangenen Jahren zeitweise die hiesigen Charts bestimmte, und elektronischen Versatzstücken, die HERZLOS auch im weiteren Gothic-Feld punkten lassen könnten. Angesichts der Fülle von Material, das für diese Scheibe kompiliert wurde, hinterlässt sie einen teils unausgegorenen Eindruck.
Sänger Marvin wächst allerdings - das muss man ihm lassen - mit jedem weiteren Album seiner Gruppe. Er schlägt sich klaglos in jedem musikalischen Umfeld, auch wenn der flotte Saubermann-Punk von 'Du bist das Gift' und 'Platin', womit man sich zu einer wunders wie "unkommerziellen" Combo geriert, sein Steckenpferd zu sein scheint. Unter handwerklichen Gesichtspunkten ist "Schwarz – Weiß – Neon" keine höhere Wissenschaft, sondern zweckdienlich, wiewohl mit dem einen oder anderen Gitarrensolo geschmückt.
Die Inhalte der Tracks sind auf die weitere Szene bezogen konservativ: 'Heiligenschein' übt auf leidlich originelle Weise Kritik am (katholischen) Klerus, und mit den unsäglich selbstreferenziellen Fan-Arschkriechern 'Aus anderem Holz', 'Herzenssache' und 'Alter neuer Glanz' gibt es genau drei Songs solcherart zu viel. Hinzu kommen auch ein paar sperrige Kompositionen, allen voran die Seitensprung-Abhandlung 'In dieser Nacht' und später 'Statuen aus Gold', das stellvertretend für das generell schwache hintere Drittel der Platte steht. Mit 14 Songs ist "Schwarz – Weiß – Neon" nämlich deutlich zu lang ausgefallen, und der Abschluss 'Saufen für den Regenwald' ist zumindest textlich absoluter Schrott.
Poppige Tracks wie das Titelstück mit Sprechgesang (später auch in der Quasi-Ballade 'Panorama' zu vernehmen) und die Hymne 'Ich bleibe hier' zählen hingegen zu den Stärken von HERZLOS. Dummer Name übrigens auch.
FAZIT: Zu ihrem zehnten Geburtstag machen HERZLOS in erster Linie ihren Fans ein Geschenk. Im Vergleich zu seinem Vorgänger "Zweifler & Gewinner" (2016) demonstriert "Schwarz – Weiß – Neon" eine größere stilistische Bandbreite, doch letzten Endes bleibt die Musik der Kaiserslauterner handelsübliche Deutschrock-Kost, die voraussichtlich zu spät kommt, um sich noch finanziell zu rechnen. Unterm Strich muss sich die Band damit zufrieden geben, nur innerhalb ihrer Zielgruppe wahrgenommen zu werden, was ihr vermutlich sogar genügt. Interessante Entwicklungen finden unterdessen anderswo statt … <img src="http://vg01.met.vgwort.de/na/6b5b20fa4dbb4f7b84ed5a7b37ed9e7a" width="1" height="1" alt="">
Punkte: 8/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 03.06.2018
Laute Helden / SPV
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01.06.2018