Geschlagene 17 Musikerinnen und Musiker tummeln sich neben "Hauptdarstellerin" Jana Gavacova auf diesem Album, darunter auch ein Streichquartett, ein Harfenist und mehrere Klavierspieler. Was das Gesangs-uund Sprachenchamäleon rein musikalisch zur Diskussion stellt, ist eine betörende Mischung aus Jazz, Folk und teilweise sehr freien Improvisation.
Die seit früher Kindheit geschulte Pianistin und Tänzerin, die sich später akademisch weiterbildete, entdeckte in Frankreich jene Vorliebe für Chansons, die man dem Material auf "Biele Noci" anmerkt. Damit stolziert sie sozusagen am Rande des Broadway entlang, bleibt aber dennoch fest im (ost-)europäischen Kulturkreis verwurzelt, wie die Ballade 'Dwa serduszka, cztery oczy' und das verquere Wiegenled 'Ej hory, hory' am anschaulichsten zeigen.
Jana arbeitet ständig mit renommierten Instrumentalisten aus ihrer Heimat zusammen, unterhält ein Quartett mit Gabriel Jonáš am Klavier, Schlagzeuger Marián Šev?ík sowie Bassist Martin Kapusník und tritt regelmäßig mit einem Programm aus Jazz-Standards in Clubs auf. Davon abgesehen ist sie in südländischen Stilen von Fado bis zu Bossa bewandert und treibt ein Herzensprojekt voran - eine narrative Veranstaltungsreihe zum Tribut an alte Jazz-Größen, bezuschusst vom Kulturministerium des Landes. Beeindruckend, nicht wahr? Und all dies schlägt sich in der Musik auf diesem Langspieler nieder.
Dass die Künstlerin viel Zeit auf Schauspielbühnen verbracht hat, etwa beim slowakischen Staatstheater, und sich nach wie vor an seriellen wie filmischen Fernsehproduktionen beteiligt, hört man ebenfalls aus den Stücken auf "Biele Noci" heraus. Gava?ová scheint in verschiedene Rollen zu schlüpfen und schafft es dennoch stets, sie selbst zu bleiben.
Als Dreh- und Angelpunkt neben 'Holdfényes az este', einer überlangen Studie in getragener Eleganz, entwickelt das fröhliche, temporeiche 'Zelený víne?ek' dank lautstarker Instrumentierung und angeraut kraftvoller Stimme beinahe rockige Qualitäten, bringt sowohl Swing als auch Funk ins Spiel und bleibt trotzdem ein rein akustisches Event - ein Ereignis im wahrsten Sinn des Wortes: Gavacokva "kreuzübert" sich zwischen klassischem Vocal Jazz und kunstvoll poppigen Strukturen hindurch gen Genre-Spitze, wo den mediengemachten Diven aus jüngerer Zeit längst die kreative Luft ausgegangen ist.
FAZIT: Eine überragende Vocal-Jazz-Veröffentlichung und selbst für Menschen geeignet, die ebendiesen Vocal Jazz als zum Stil erhobene Klischeehölle verachten - Jana Gavacova; ist eine sagenhaft einfallsreiche Liedschreiberin und mit einer charismaltischen Stimme gesegnet, wogegen viele ihrer Zeitgenössinnen in hiesigen Gefilden wie Übersee sehr alt aussehen.
Punkte: 12/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 05.08.2018
Hevhetia
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03.08.2018