KAKKMADDAFAKKA sind beileibe keine unbekannte Truppe mehr (ihr Song „Restless“ vom zweiten Album „Hest“ zählt mehr als vier Millionen Aufrufe auf YouTube), wer den einprägsamen Namen dennoch noch nicht gehört hat, dem sei gesagt, dass es sich hier nicht um ein Side-Projekt von Haftbefehl handelt, sondern um eine Indie-Band aus dem norwegischen Bergen, schicke Boys mit schicken Songs, KritikerInnen feiern‘s nicht so sehr wie die Mädchen in der ersten Reihe, aber gute Laune verbreiten KMF in jedem Fall, auf Festivals wie dem Melt! oder dem Pulse Open Air… wir verstehen uns.
Was also ist neu auf KMF No. 4? Äußerlich fällt auf, dass die Band, der sich zwar kaum Pionierleistungen zuerkennen lassen, auch nicht schläft, was eine zeitgemäße Aufmachung ihrer Songs anbelangt. Aus dem FRANZ FERDINAND-haften Gitarren-Sound der früheren Alben ist inzwischen ein glitzernder und – wie man leider auch feststellen muss – alles andere als einzigartiger Hybrid aus elektronischen Elementen und den bekannten Indie-Rock-Zutaten geworden, der dementsprechend kaum aufhorchen lässt, aber auch ein durchaus angenehmes Bühnenbild für die songwriterischen Anstrengungen der Truppe um Schmalzblondchen Alex Vindenes bietet, der sich auch persönlich für die das Release schmückenden Bilder verantwortlich zeichnet.
Was ebenfalls in Auge fällt, ist die Tatsache, dass KMF sich auf „Hus“ (dt.: Haus – jenes auf dem Cover abgebildete, welches der Band als improvisiertes Studio diente) weitgehend von der – wenn auch ver-ironisierten – Musik verabschiedet haben, die sie auf Playlists, die „Feelgood Indie“ oder ähnlich heißen, unterbrachte. Der Titel der diesjährig ausgekoppelten Single deutet die Richtung an, die KMF auf „Hus“ einzuschlagen beliebten: „Summer Melancholy“. Von da ist es zumindest verbal nicht weit bis zur „Summertime Sadness“ und auch musikalisch lassen sich durchaus Parallelen ziehen. Leicht detuned, in Moll auf einen mechanischen Beat reitend emotionaleiert sich Alex durch den Song, der ein fühlbares und genießbares August-Schnupfen-Gefühl vermittelt; sommerliche Grüße aus der Stadt mit 240 Regentagen pro Jahr…
Im Allgemeinen sind es in der Tat diese eher melancholischen Lieder, die das Album interessant machen. „Holding Me Back“ ist eine langsame Ballade, die zwar an sich wenig Hervorhebenswertes bietet, aber als ehrlich gefühlt rüberkommend Sympathiepunkte einfahren kann. Das etwas glitzerndere „Save Yourself“ schafft es definitiv aufs Treppchen von „Hus“. Ein traurig-fröhlicher Ohrwurm, gegen den es als solchen auch nichts einzuwenden gibt. Gleiches gilt für das in sich ruhende „Don Juan“, das gar keine herausragende Hook als Motor bleibt, um im Gedächtnis auf Grund zu laufen.
Leider finden sich auf „Hus“ auch einige Stellen, die schlicht fad und austauschbar sind. Irgendwie scheint es den Norwegern nicht (mehr) zu gelingen, überzeugend coole, sorgenlose Songs zu schreiben. „Boy“ oder „Blue Eyes“ oder „Games“ taugen vielleicht als „Feelgood“-Hintergrundmusik, erregen aber beim aufmerksamen Hören vor allem Verdruss.
FAZIT: „Everyone hopes for a better summer next year“, halten KMF in den Liner Notes fest. Ob dieser Band noch ein großer Sommer bevorsteht, oder nicht - „Hus“ ist ein durchaus genießbares Album, das hoffen lässt, dass sein Nachfolger „Hytte“ heißen wird: Besser noch als in einem gelben Haus könnten sich KMF vielleicht in einer abgelegenen Hütte darüber klarwerden, wohin ihr musikalisches Daimonion sie leitet.
Punkte: 9/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 16.05.2018
Stian Sævig
Alex Vindenes
Axel Vindenes, Pål Vindenes
Sebastian Emin Kittelsen
Kristoffer van der Pas
Lars Helmik Raaheim-Oslen
Bergen Mafia Records
35:12
17.11.2017