LENNON KELLY touren wie in der Folk-Szene, der sie trotz ihrer großen Klappe (lies: verzerrten Gitarren) anstammen, generell üblich unermüdlich, und exakt darauf ist auch ihre Musik von jeher zugeschnitten gewesen - den Live-Einsatz. Die Italiener vereinen oftmals nordeuropäisch anmutende Melodien (Irland) mit punkigem Rotz und ausgefeilten Arrangements, die sich in Hinblick auf ihre Besetzung quasi automatisch ergeben.
Das Septett ist seit 2011 aktiv, legte seinen selbst betitelten Erstling 2012 vor und reichte den Nachfolger "Long Life to the King" 2015 ein. Dessen Variabilität haben LENNON KELLY auf "Malanotte" beibehalten, doch die Songs sind schlicht stärker. Die beiden Sänger Vasco Bartowski Abbondanz (auch Akustikgitarre) und Costantino Roman Valentini (Banjo, Mandoline) geben den Ton wortreich an, doch dahinter geschieht eine Menge: die sorgfältig ausgearbeiteten Melodiebögen, übernommen entweder von Gitarre oder Geige, tragen das Material nahezu alleine und garantieren eine außerordentlich hohe Eingängigkeit.
Freunde neuerer Skyclad ("The Answer Machine?" bzw. die post-Walkyier-Jahre) dürften beim Hören der Scheibe vollends auf ihre Kosten kommen, auch weil die Musiker aus der Stadt Cesena ebenso herzlich aufspielen wie die Briten. Die Geige, die Tin-Whistle-Spieler Mirco Turci ebenfalls übernimmt, genießt einen hohen Stellenwert für den Sound des Ensembles, und diesen auf Ska-Punk wäre eine regelrechte Frechheit. Vielmehr haben LENNON KELLY den klassischen Singer-Songwriter-Stil ebenso drauf wie amerikanischen Heartland Rock, in dem man erkennt, dass sie Bewunderer des US-Barden Steve Earle sind.
"Malanotte" verzeichnet zudem mehrere Gäste, namentlich Co-Sänger Tom Barbour im Stegreif-Hit 'Nobel per gli stronzi', wohingegen 'Mio fratello', eine ausgewogene Mischung aus Schmutz unter den Fingernägeln und Tränen in den Augen, mit Musikern der Gleichgesinnten Punkreas aufwartet. 'Survival' (übrigens wie der gesamte Rest in der Muttersprache der Gruppe gesungen) ist indes ein waschechter Shanti mit Gehilfe Mino Savadori, der irgendwie die Weite des Meeres vermittelt.
Ergänzend hinzu kommt das kurze Liedermacher-Stück 'Leprechaun', das mit dem ebenfalls balladenhaften 'L’ultima lanterna' am Ende eine längere Reprise erfährt, nicht zu vergessen das flotte 'Il ballo dell’ultima ora' als Anspieltipp vorneweg.
FAZIT: LENNON KELLY dürften auf der Bühne ordentlich Radau machen und gewinnen die Herzen ihrer Hörer bereits mit ihren aufgenommenen Stücken, die allesamt das Potenzial zu Gassenhauern besitzen, aufwändig instrumentiert wurden und darum etwas für Entdecker wie Partymacher sind. Folk der britischen Inseln vereint sich auf "Malanotte" mit der traditionellen Folklore der italenischen Region Emilia-Romagna zu etwas Eigenständigem, aber dennoch Vertrautem, das langfristig fesselt. <img src="http://vg06.met.vgwort.de/na/20c1fef45f514c639227e04a9e384292" width="1" height="1" alt="">
Punkte: 12/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 24.03.2018
Eigenvertrieb
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02.03.2018