Viele erinnern sich garantiert noch an die riesigen Überraschungserfolge von MILOW oder MIKA, zwei begnadete Musiker und Sänger, welche wirklich gute Pop-Musik der 80er-Jahre, die sich an TEARS FOR FEARS, TALK TALK, PET SHOP BOYS und ULTRAVOX orientierte, wiederbelebten. Völlig zurecht verdienten sie damit die Aufmerksamkeit nicht nur von in dieser Zeit groß gewordenen Nostalgikern, sondern auch von Musikliebhabern, die anspruchsvolle, eingängige und voller Hooklines gespickte Hits im Radioformat suchten, welche noch echt „handgemacht“ klangen. In einem Atemzug mit MILOW und MIKA sollte man ab sofort dieses großartige, fantastisch gestaltete (Digipak mit Pappschuber aus dem Rechtecke im Stil von LED ZEPPELINS „Physical Graffiti“ ausgeschnitten sind sowie 16seitigem Booklet!), mit einer guten halben Stunde viel zu kurz geratene Album „Xenos“ des in London lebenden griechischen Indie-Pop-Stars, Multinistrumentalisten und Sängers LEON OF ATHENS nennen!
Da schmettern auf „Corfu“ Bläser und Kinderchöre wahre Pop-Hymnen oder bei „Serpent‘s Egg“ wirft uns PHIL COLLINS‘ ein romantisches „In The Air Tonight“-Lächeln zu, während er nur zwei Titel später auf „The Final Moment“ mit uns ganz offensichtlich durch „A Groovy Kind Of Love“ in bester Soundtrack-Manier tänzelt, um uns am Ende des Albums mit breit angelegten Streichersätzen durchs nächtliche „Moonlight“ zu begleiten: „I just close my eyes and gone“ - schöner und besinnlicher kann man (s)ein Album gar nicht beenden. Traumhaft!
Weniger traumhaft, aber nicht vom qualitativen Anspruch her, sondern den aufgegriffenen Themen, sind die ausgezeichneten Texte auf „Xenos“, wofür <a href="https://www.youtube.com/watch?v=pXT-CjiAtu0" rel="nofollow">der Titeltrack des Albums</a> schon Bände spricht und noch dazu mit einem faszinierenden Video untermalt wurde, zu dem LEON OF ATHENS klar Stellung bezieht: „Xenos war ursprünglich vom Genozid indigener Völker inspiriert. Das Lied bezieht sich auf jede unterdrückte Gruppe von Menschen, die gezwungen sind, ihr Land zu verlassen. Auf eine persönliche Ebene bezogen, ist es das Gefühl, ein Fremder in sich selbst zu sein“, und noch dazu bereits in der ersten Strophe provokant diese Einstellung untermauert: „Dreamcatchers / Keep away the nightmares / We are the virus / Parasites who lives against all others“.
Doch bereits der Album-Opener <a href="https://www.youtube.com/watch?v=lMYYkqf6PvE" rel="nofollow">„Aeroplane“</a>, der, wenn die Radio-Hit-Geschichte gerecht zugehen würde, ein großartiger, megaerfolgreicher Evergreen werden müsste, rechnet mit der besitzergreifenden Liebe, die am Ende zu Gefangenschaft und Unterwerfung führt, ab: „No light shines / These dark days / Your love / Is my cage.“, damit uns auf <a href="https://www.youtube.com/watch?v=3pBJe_pLCCc" rel="nofollow">„Utopia“</a> das Bild gezeichnet wird, welches uns erwartet, wenn wir mit unserer „modernen Form der (Selbst-)Liebe“ so weitermachen...
Was kann da noch für ein FAZIT bleiben, außer dass „Xenos“ von LEON OF ATHENS ein regelrechtes Referenz-Album richtig guten, stellenweise fasziniernden Indie-Pops geworden ist, das in punkto Komposition, Musik, Text und Gestaltung sowie audio-visueller Video-Umsetzung Maßstäbe setzt, aber mit 32 Minuten Laufzeit viel zu kurz geraten ist. In seinem Heimatland Griechenland wird LEON OF ATHENS nicht nur als Musiker, sondern auch als Texter, der die gerade durch die EU arg gebeutelten Griechen und ihre Probleme anspruchsvoll thematisiert, hoch verehrt und wie ein Musikheld von Tausenden seiner Landsleute gefeiert. Mit seinem zweiten Album „Xenos“ sollte dieser Erfolg auch weit über die Landesgrenzen hinausgetragen werden. Und selbst wenn heute Spotify an die Börse geht, sollte man, der wunderschönen Gestaltung und der abgedruckten Texte wegen, unbedingt auf den physischen Tonträger zurückgreifen!
Punkte: 12/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 04.04.2018
Timoleon Veremis, James Ahwai
Timoleon Veremis, Nefeli Liouta, Vasilis Dokakis
Timoleon Veremis, Lefteris Volanis, Labis Kountourogiannis
Timoleon Veremis, David Kosten, Vasilis Dokakis
Sarah Jones, David Kosten
Nefeli Liouta (Violine), Jim Staridas (Posaune), Matt Roberts (Trompete)
Mimosa's Dream Records
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09.02.2018