Besser spät als nie - der Spruch lässt sich prima auf LEONIDEN beziehen, deren Debüt für knapp zwei Jahren einen langen Vorlauf hatte und dafür umso bombiger unter Indie-Conoisseuren einschlug. Die Band ackert schon seit deutlich mehr als zehn Jahren durch den Untergrund und erntet nun allmählich die Früchte ihrer emsigen Arbeit. Ihr zweites Studioalbum ist demnach von den Kinderkrankheiten verschont geblieben, denen unerfahrene Acts anheimfallen, wenn sie nach einem aussichtsreichen Start relativ schnell nachlegen müssen.
Profitiert haben LEONIDEN beim Songwriting und Aufnehmen sicherlich auch von dem Umstand, dass sie in der gegenwärtigen Besetzung auch schon seit einem halben Jahrzehnt zusammenspielen. Aus ihrem vermutlich nahezu blinden Verständnis miteinander ergab sich für die Mitglieder die günstige Gelegenheit, Mut zu mehr Eigenständigkeit zu fassen, nachdem der Vorgänger noch recht sklavisch, wenn auch würdevoll, britische Szene-Gestade abklapperte.
"Again!" ist nun weniger nervös ausgefallen und zeugt von selbstsicheren Musikern, die das Herz der westlichen Musik schlechthin zur Chefsache erklärt haben: Melodien. Die aktuellen Songs strahlen dank LEONIDENs stilistischen Weitblicks etwas Zeitloses aus, allen voran die Single 'Kids' mit ihren Rückverweisen auf die 1970er-Disco-Bewegung und 'One Hundred Twenty-Three' als um etwa zehn Jahre jüngere, erdigere Auslegung des eher synthetischen Original-Funk-Sounds.
Ach ja, und Indie Rock mit Betonung auf "Rock" sind LEONIDEN nach wie vor, falls nicht sogar rockiger als je zuvor. Im Verbund mit ihrem Gespür für große Pop-Hooks führt diese zupackende Art zu einer nahezu unschlagbaren Gangart - geradewegs nach vorn und dennoch ohne Scheuklappen, geschweige denn zu wenig Substanz.
Beste Beispiele dafür: das Sänger Jakob in den Brennpunkt stellende Tempo-Tripel aus 'River', 'Slow' und 'Colorless'.
FAZIT: Mit etwas Glück und dem richtigen Marketing könnten LEONIDEN bald nicht nur die Indie-Charts von hinten aufrollen. "Again!" atmet Live-Atmosphäre und besteht nichtsdestoweniger aus raffiniert gestrickten Rock-Pop-Klamotten, die sich auf längere Sicht hin nicht abnutzen möchten. <img src="http://vg06.met.vgwort.de/na/fac2d6abf5ec4a66a0588e93272fb303" width="1" height="1" alt="">
Punkte: 11/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 21.11.2018
Two Peace Signs / Irrsinn Tonträger
32:01
09.11.2018