Als Projekt von Seigmen- und Zeromancer-Bassist Kim Ljung, der in beiden Acts auch als Hauptsongwriter fungiert(e), existieren LJUNGBUT bereits seit 2005, doch mittlerweile ist eine richtige Band daraus geworden, die auf fünf Alben - zwei davon in ihrer norwegischen Muttersprache gesungen - zurückblickt und mit dem vorliegenden sechsten eine Thementrilogie abschließt.
Auf "Villa Carlotta 5959" widmet sich Ljung historischen Kuriositäten wie zwölf auf dem Mond zurückgelassenen Fotoapparaten ('Hasselblad'), aber auch persönlichen Problemen wie seiner chronischen Migräne ('Min Krig', herrlich mit Bläsern in Szene gesetzt), wohingegen man die Musik an sich wie zuvor auch als melancholischen Alternative Rock mit synthetisch kühlem Unterton beschreiben kann. So gesehen haben sich LJUNGBLUT demnach nicht großartig weiterentwickelt, doch wer die anderen Betätigungsfelder des Bandkopfs kennt, weiß um seine Qualitäten als Komponist, und diese spielt er hier einmal mehr zur Gänze aus.
Insgesamt strahlt die Scheibe etwas Ätherisches aus. Die Stücke sind schwerelos arrangiert und dennoch in emotionaler Hinsicht gewichtig, wobei man sie oft eher mit Werken isländischer Acts vergleichen möchte. Nordisch, wenn auch nicht auf klischierte Weise, ist das Ganze definitiv, wenn Ljungs fragile Stimme von verhallten Gitarren (verzerrt wird selten) oder flatternden Keyboard-Teppichen umweht wird, und das jedes Stück eine andere Stimmung vermittelt, ohne den bedrückten Grundton aufzugeben, darf man ihrem Schöpfer hoch anrechnen.
Mit dem Mellotron-Slowcore von 'Til Warszawa', der fast völlig ohne Rhythmusgruppe auskommenden Ballade 'Superga' und dem Unterwasser-Pop von 'Aldri Helt Stille' seien nur drei Highlights dieser perfekten Winterplatte erwähnt; der Rest eignet sich genauso gut wie sie zum Einigeln und Sammeln neuer Kraft für sonnigere Tage.
FAZIT: Das Image des introvertierten, zart besaiteten Künstler mag ausgelutscht sein, doch derzeit verkörpert kaum jemand diesen Typus so glaubwürdig wie Kim Ljung, der mit "Villa Carlotta 5959" das vorläufig letzte Wort dazu gesprochen hat.
Punkte: 12/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 18.11.2018
Karisma
55:44
26.10.2018