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Luke Gasser: The Judas Tree

Stil: Bluesrock / Mainstream

Cover: Luke Gasser: The Judas Tree

Obacht, Tausendsassa: Wer auf zu vielen Hochzeiten tanzt, erhöht die Wahrscheinlichkeit, sich irgendwo Knochen zu brechen, und in musikalischer Hinsicht wäre das schade für Luke Gasser. Der sowohl politisch als auch gesellschaftlich engagierte Filmproduzent und Schauspieler, Bildhauer und Schriftsteller demonstriert mit seinem üppig bestückten neuen Album wohl ungewollt den feinen Unterschied zwischen Kunst und Handwerk, die bekanntlich dicht nebeneinander liegen.

Luke singt immerzu so, als habe er etwas Wichtiges zu vermitteln bzw. wie ein Geheimniskrämer, der etwas Mystisches in Aussicht stellt, doch dahinter steckt nichts als Mache. Man muss die Lauterkeit eines Musikers, der seit den frühen 1980ern aktiv ist, nicht hinterfragen, aber Gasser macht es sich zu einfach. "The Judas Tree" erweckt den Eindruck, er habe sich gedacht, "Ich muss mal wieder ein Album herausbringen", und riecht künstlich, ja richtiggehend nach Konfektionsware.

Vorwiegend agiert der Schweizer halbakustisch im AC/DC-Stechschritt wie mit 'The Mills of God', das quasi zu Beginn die Gesamtausrichtung vorgibt, oder später '(You Really) Hit Me Home' und 'Before the Rain'. Solche Gute-Laune-Nummern erscheinen weniger aufgesetzt als etwa das längere Finale 'Cup of Destruction',in dessen Verlauf Gasser u.a. auch mit Percussion-Untermalung den Schamanen mimt. Der düstere Schleicher 'Bound to Get Harder' spannt den Hörer indes bis kurz vor Schluss an wie den sprichwörtlichen Flitzebogen und versandet dramaturgisch im Nirgendwo, denn alles andere passt wohl nicht in die offensichtlich simple Auffassung des Schöpfers von liedhafter Gitarrenmusik.

Mit dem Singer-Songwriter-Aroma von 'Seven Tons of Load', 'Diary Pages' und 'This Kid' im Ohr, die naheliegenderweise auch auf den Gesang bzw. die Texte ausgerichtet sind, drängt sich dem Hörer die Frage auf, warum ein Paradebeispiel für einen "renaissance man" nichts anderes kennen möchte als Texte über holde Damen oder alltägliche Banalitäten, die mit entsprechend platten lyrischen Allgemeinplätzen illustriert werden.

Ein weiterer Fehler, den man Gasser wie gesagt anstreichen kann, besteht darin, dass das Album ein gutes Stück (oder zwei, drei) zu lang ist. Irgendwann schaltest du einfach ab - auch weil die zweifellos gut gemachten Songs inhaltlich leer oder zumindest floskelhaft anmuten. Wen das nicht stört, …

FAZIT: … der bekommt ein solides Mainstream-Album zur Hand, auf dem das harte, treibende Titelstück und die Ballade 'Scorpio Girl' mit dezentem Southern-Flair hervorstechen. Ansonsten gibt Luke Gasser ein wenn nicht unaufrichtiges, so doch auf jeden Fall nur geschäftsmäßiges Bild ab. "The Judas Tree" ist eine Pflichterfüllung voller weitgehend austauschbarer, versiert performter und edel produzierter (Blues-)Rock-Songs, mehr nicht.

Punkte: 8/15

Erschienen auf www.musikreviews.de am 22.06.2018

Tracklist

  1. Race of Fury
  2. The Mills of God
  3. Justified
  4. Bound to Get Harder
  5. Seven Tons of Load
  6. This Kid
  7. (You Really) Hit Me Home
  8. Diary Pages
  9. Wedding Station
  10. The Judas Tree
  11. Scorpio Girl
  12. Little Lover
  13. Cretean Summer
  14. It's Not Affection
  15. Before the Rain
  16. Wrong Direction
  17. Hard to Love You
  18. Cup of Destruction

Besetzung

Sonstiges

  • Label

    Blue Rose / Soulfood

  • Spieldauer

    72:16

  • Erscheinungsdatum

    01.06.2018

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