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Magoth: Zeitgeist : Dystopia

Stil: Melodic 90ies inspired Black Metal

Cover: Magoth: Zeitgeist : Dystopia

Manches erinnert an die Neunziger, als Black Metal in den Fokus jenseits des Undergrounds rückte und nicht nur musikalisch mächtig auf den Putz haute: So ist im Promo-Schreiben von einem "Black Metal Exzess" die Rede, die Gestaltung der zweiten MAGOTH Scheibe hat Luciferium War Graphics übernommen, und das Konzeptalbum wird als eine "Kriegserklärung an alle Dogmatiker" angepriesen. Ob die Musik der Band aus Bonn mit dieser verbalen Verausgabung im Vorfeld mithalten kann?

Klanglich zumindest fährt das Quartett eindrucksvolle Geschütze auf, das wird bereits beim Intro "Rise" klar, welches das Konzeptalbum "Zeitgeist : Dystopia" mit epischen Gitarren und Marschgetrommel eröffnet. Das daran anschließend "Once Ylem Began" spaltet Schädel, ohne sich mit Nebensächlichkeiten aufzuhalten. Spätestens bei "Above The Sacred Lands" kommt das unbestimmte Gefühl auf, einige Song-Motive so oder so ähnlich bereits gehört zu haben. Bei dem hier dargebotenen Stil ist das kaum eine Überraschung: Neues haben MAGOTH nicht wirklich zu bieten. Umso bemerkenswerter also, wie sie prinzipiell gut abgehangene Songstrukturen mit neuem Leben füllen, und wie geschickt sie mitunter das Tempo verschleppen, einen Song in die Länge ziehen und schließlich mit Macht und Geschwindigkeit auftrumpfen. Angesichts solcher Herausforderungen in Sachen musikalischer Frischzellenkur haben sich viele Bands bereits deutlich unbeholfener angestellt. Die Mammutaufgabe, im Wechselspiel zwischen Raserei und atmosphärischen Mid-Tempo-Passagen eine Stunde lang die Spannung konstant oben zu halten, lösen MAGOTH zwar nicht perfekt, dafür sympathisch metallisch: Es gibt keinen Song, der nicht irgendwie doch die Kurve kriegt und mit ordentlich Dampf unterm Kessel daherkommt.

Die Promo-Photos und ein Pseudonym wie "Heergott" wirken auf mich bemüht und wecken Erinnerungen an eher unrühmliche Last-Episode-Zeiten, doch das dichte Zusammenspiel der Band bleibt davon glücklicherweise unberührt. Hervorzuheben ist vor allem die Gitarrenfraktion, der es ein ums andere Mal gelingt, bei gedrosseltem Tempo bedrohlich klingende Melodien einzuflechten, als ob da etwas lauert, das nur darauf wartet, im passenden Moment auszubrechen. "Beneath All Venom And Void" klingt in dieser Hinsicht mehr als gelungen. Wenn der Gesang variabler gestaltet würde, könnte die Band ihr Profil noch schärfen, und überhaupt: Wenn es noch ein "Manko" gibt, dann allenfalls die prinzipielle Ähnlichkeit der Songs, die bei diesem Stil jedoch in der Natur der Sache liegt. Und eine solche Kritik wäre wohl auch etwas übertrieben, denn die Kompositionen stecken allesamt den mageren Durchschnitt einiger Labels in die Tasche.

Nicht nur auf musikalischer Ebene wecken MAGOTH Assoziationen und Erinnerungen an mehr oder weniger klassische Motive: Zierte das Bild ihres Debüts "Anti Terrestrial Black Metal" noch eine Burgruine im Stil von Castle Grayskull, wartet "Zeitgeist : Dystopia" mit einer Szene ähnlich jener auf Morgana Lefays "The Secret Doctrine" auf. Feinschmecker könnte solche Klischee-Vollbedienung mit der großen Kelle aus der Hausmannskost garantierenden Metal-Suppenküche zwar abschrecken, doch allen anderen sei der herbe und gehaltvolle Eintopf empfohlen, denn er schmeckt und wärmt mit eigenem Feuer.

FAZIT: "Zeitgeist : Dystopia" ist ein druckvoll produziertes Album, auf welchem schwedisch inspirierter Neunziger Black Metal in Reinkultur mit viel Wumms kompetent zelebriert wird. In Zeiten, in denen religiöser Fundamentalismus auch hierzulande wieder zunimmt, mag eine schwarzmetallische "Kriegserklärung an alle Dogmatiker" zwar kaum Breitenwirkung erzielen, doch einem Häretiker wie mir ist ein solch impulsiver Reflex wider den menschenverachtenden Humbug zweifelsohne auch in dieser altbekannten Form willkommen.

Punkte: 11/15

Erschienen auf www.musikreviews.de am 17.11.2018

Tracklist

  1. Rise
  2. Once Ylem Began
  3. Sinister Forces Arose
  4. Above the Sacred Lands
  5. Zenith
  6. Beneath All Venom and Void
  7. The Fates of Resurrection
  8. Summoning the Apocalypse
  9. Decay
  10. When Tyrants Shall Fall
  11. Solidified Ashes Awake
  12. The Nemesis of a Blaze
  13. Infinity

Besetzung

  • Bass

    Havoc

  • Gesang

    Heergott, Shagnar

  • Gitarre

    Shagnar, Heergott

  • Schlagzeug

    Widrir

Sonstiges

  • Label

    Shagnartmusic

  • Spieldauer

    01:01:01

  • Erscheinungsdatum

    09.11.2018

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