Auf “Songs of Resistance 1942–2018” hat Gitarrist und Bürgerrechtler Marc Ribot, der mit Gruppen wie Realtones und Lounge Lizards den Punk erneuerte sowie u.a. an der Seite mehrer Pop- wie Jazzstars stand (Chuck Berry, Rufus Thomas), Eigen- und Fremdkompositionen zusammengestellt, die im Zeichen des zivilen Ungehorsams stehen. Als langjährigen Wahl-New-Yorker, der die Avantgarde-Szene der Metropole mitgestaltet hat, traf der Ausgang der letzten US-Präsidentenwahl Ribut umso empfindlicher, als man sich Trump vor Ort praktisch nicht entziehen konnte und kann.
Das zweitverwertete Material stammt aus dem Milieu der US-Bürgerrechtsbewegung, der mexikanischen Protestkultur sowie dem Kanon der italienischen Partigiani im Zweiten Weltkrieg, und wurde wie der Rest größtenteils mit verschiedenen Tontechnikern - etwa Randall Dunn (SunnO))), etc.) - in Brooklyn aufgenommen. Als Hörer mit Abstand zu den Umständen in dern Vereinigten Staaten muss man, auch wenn man mit dem Anliegen des prominenten Ensembles sympathisiert, auf bedrückte Musik geeicht sein, die nur ansatzweise kämpferisch wirkt. Vielleicht hat Ribot und Co. just dieser Abstand gefehlt, um mehr aus dem Projekt zu machen als ein besseres Balladenalbum …
… was wiederum nicht bedeutet, “Songs of Resistance 1942–2018” sei ein vertonter Dauerdruck auf die Tränendrüsen. Gerade die weiblichen Beiträge setzen Akzente, allen voran Chanteuse Fay Victor bei 'We Are Soldiers in the Army' sowie Meisterbassistin und -Rapperin Me'shell Ndegeocello, die in 'The Militant Ecologist' zu hören ist. Ribot selbst, der die 60 schon länger überschritten hat, prägt der gesamten Auswahl hingegen einen nicht immer angemessenen, weil altherrschaftlichen eigenen Stempel auf.
Passend dazu interpretiert sein einstweiliger Arbeitgeber Tom Waits, zu dessen Durchbruch er 1985 auf "Rain Dogs" einen wesentlichen Beitrag leistete, auf ergreifende Weise 'Bella Ciao', eine Hymne für alle jene in Italien, die einst gegen Hitler und Mussolini aufstanden, wohingegen sie in jüngerer Zeit etwa auch von Manu Chao gesungen wurde. Es handelt sich wohl um die aufsehenerregendste Kollaboration auf der Platte, weil der Mann mit der Reibeisenstimme zum ersten Mal seit Jahren von sich hören lässt und den Eindruck erweckt, es könne seine letzte öffentliche Aufnahme sein.
FAZIT: Marc Ribot geht von der Prämisse aus, große Augenblicke bedürften prägender Melodien, und spendet Geld, das er mit diesem Album einnimmt, an die Organisation The Indivisible Project, die sich den Kampf gegen die allseitige Hasskultur auf die Fahnen geschrieben hat, doch die Frage, ob die gegenwärtige Phase mit oder oder seinem Zutun zu einem die Geschichte verändernden Augenblick wird, kann nur eine Rückbetrachtung zu einem späteren Zeitpunkt beantworten. Dessen ungeachtet ist "Songs of Resistance - 1942-2018" eine absolut hörenswerte und lautere Sache, auch wenn ihr Schöpfer sicherlich keinen einzigen Regierungsanhänger mit diesen Stücken zur Opposition bewegen wird. <img src="http://vg05.met.vgwort.de/na/bd9e2af9577d435a8e3a3a64b22a60ce" width="1" height="1" alt="">
Punkte: 11/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 24.09.2018
Anti
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14.09.2018