Nachdem unter unserer Seite <a href="http://musikreviews.de/reviews/2016/Marillion/F-E-A-R/" rel="nofollow">das aktuelle MARILLION-Album „F E A R“</a> mit echter Begeisterung aufgenommen wurde, warf sich natürlich sofort die Frage auf, wie die Live-Darbietung dieses Meisterwerks, das in der Diskographie des britischen Ausnahme-Prog-Quintetts ganz weit vorne steht, ausfallen würde. Auf jeden Fall eine schwere Mission, wenn man die hochkarätige Studioleistung hinter „F E A R“ hört und betrachtet.
Nun endlich liegt der Beweis dafür vor, dass MARILLION live wie im Studio eine Ausnahmestellung genießen, denn mit „All One Tonight“ zelebrieren die fünf Engländer mit reichlich Unterstützung in der königlichen Ruhmeshalle ein königliches Prog-Konzert. Mit „Live At The Royal Albert Hall“ reizen MARILLION neben den musikalischen auch alle technischen Grenzen aus und legen hier ein dermaßen grandioses Konzert hin, das jetzt schon unter dem Titel „Legendär“ eingeordnet werden kann!
MARILLION unterteilen ihre schon nach kürzester Zeit ausverkaufte Show in zwei Teile, bei dem in Teil 1 erstmals das komplette „F E A R“-Album mit riesiger Licht-Show und multimedialer Gestaltung auf einer riesigen Leinwand hinter der Bühne aufgeführt wird. Mit dem melodramatischen <a href="https://www.youtube.com/watch?v=mJZYbtekhfI" rel="nofollow">„White Paper“</a> erreicht das Konzert bereits seinen ersten emotionalen Höhepunkt, bei dem die Musiker fast wie in einer Art von Trance erscheinen, die sich, selbst wenn man „nur vorm Fernseher sitzt“, sofort auf einen überträgt, wobei auch die multimedialen Effekte einen große Anteil haben.
Im zweiten Konzert-Teil wird die Band zusätzlich von vier Streicherinnen, einer Flötistin und einem Hornisten unterstützt, die den Marillion-Klassikern, von denen kein Stück, das mit FISH entstanden ist, gespielt wird, zugleich eine wortwörtlich klassische Atmosphäre verleihen, die mit <a href="https://www.youtube.com/watch?v=aw7AJkS-x5g&feature=youtu.be" rel="nofollow">„The Leavers: V. One Tonight“</a> einen gigantischen Abschluss findet.
Nicht nur das Publikum ist begeistert und bewegt – ganz besonders die Band selber vermittelt mitunter den Eindruck, dass sie es selber nicht fassen können, auf der königlichen Bühne zu stehen und diese Atmosphäre nicht nur zu erleben, sondern dafür zugleich verantwortlich zu sein. Wenn sie gemeinsam mit dem Publikum singen, das sie bei „Easter“ dazu auffordern, um dann nach „Go!“ vom Publikum durch die sich immer wiederholenden Gesänge aufgefordert werden und dieses Angebot annehmen und mit den Fans einfach mitsingen und -musizieren. Es ist regelrecht eine nicht enden wollende Liebe, die da zwischen Musikern und Fans entsteht und alle gegenseitig zu Höchstleistungen anfeuert. Originalton in der Doku von Mark Kelly dazu: „Es lag so unglaublich viel Liebe in der Luft zwischen uns und dem Publikum!“
Ein spezieller Leckerbissen, der diese BluRay aber erst zu einer echten Meisterleistung werden lässt, ist die außergewöhnliche Kameraführung unter der Regie von Tim Sidwell, die mit vielen Sprüngen von Bühnen-Weitsicht zu Porträt-Ansichten der Musiker und Vogelperspektiven sowie Wechsel zum Publikum und immer wieder auf die Leinwand hinter der Bühne, auf der durchgängig Filme zu den Songs laufen, aufwartet sowie der Aufnahme und den Mix durch Michael Hunter.
Die zweite BluRay, die sich in dem anspruchsvoll gestalteten Digipak samt 8seitigen Foto-Booklet befindet, enthält eine gut halbstündige, leider nicht mit Untertiteln versehene, Doku zu allen Vorbereitungen für das Konzert sowie den Soundcheck, wobei alle Musiker zu Wort kommen, auch die klassischen, welche im zweiten Teil des Konzerts MARILLION durchgängig begleiten. Noch dazu lernen wir die Royal Albert Hall sehr genau kennen und sehen sogar die königlichen Logen, in denen der Adel ja damals noch auf die ironische Aufforderung von JOHN LENNON hin bei den BEATLES statt zu klatschen doch einfach nur mit den Diamanten klimpern sollte. Was für ein Gefühl wird das wohl für MARILLION gewesen sein, in solcher Halle spielen zu dürfen?
Eine weitere sehr wertvolle Bonus-Beigabe ist die über eine Stunde dauernde Screen-Show, bei der alle beim zweiten Teil des Konzerts zum Einsatz gekommenen Filme, die auf der Leinwand liefen, parallel mit der Musik der Konzertaufnahmen in ihrer vollen Schönheit zu bewundern sind. Das wünscht man sich heutzutage eigentlich auf allen Live-Aufnahmen, die für BluRay oder DVD mitgeschnitten werden, damit man sich je nach Lust und Laune auch mal nur auf die visuelle Gestaltung eines solchen Konzerts konzentrieren kann. Jedenfalls ist es bewundernswert, welch ausgezeichnete Abstimmung zwischen dem Konzert und seiner multimedialen Umrahmung besteht.
FAZIT: Als am 13. Oktober 2017 – einem „Freitag den 13.“ – MARILLION zum allerersten Mal, gemeinsam mit einem Streicher-Quartett, Flötistin und Hornisten, die komplett ausverkaufte Konzertbühne der „The Royal Albert Hall“ betraten, hatte sich einer ihrer größten Träume erfüllt. Und mit diesem fantastisch gefilmten und hervorragend klingenden (PCM-Stereo und DTS-HD-Master-Audio-5.1-Surround-Sound) Konzert wurde auch für alle Fans dieser Abend ein wahrer Traum, der glücklicherweise nun für alle Ewigkeit auch auf „All One Tonight – Live At The Royal Albert Hall“ gebannt wurde.
Punkte: 14/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 27.07.2018
Pete Trewawas
Steve Hogarth
Steve Rothery
Mark Kelly, Steve Hogarth
Ian Mosley
In Praise Of Folly String Quartet (Streicher), Sam Morris (Französisches Horn), Emma Halnan (Flöte)
earMUSIC/Racket Records/Edel
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27.07.2018