"Daydreamers" ist ein deutsch-kanadisches Reisetagebuch, verdichtet auf eine halbe Stunde Musik und Text. Marla alias Marlene Winkler und David Celia haben eine lange gemeinsame Tournee begangen (mehr als 200 Konzerte von Nordamerika bis Russland), sich danach gemeinsam in Toronto niedergelassen und ihre Erlebnisse ins Komponieren von Songs einfließen lassen, die verständlicherweise eine breite Palette von Stimmungen und Gedanken zu Gehör bringen.
Davon abgesehen, dass die zwei immer wieder wehmütige Blicke in die Vergangenheit werfen - auf kostbare Momente, die so unwiderbringlich wie tief im Herzen bewahrt sind - schwanken sie beim Vortragen ihrer Geschichten zwischen Zweifeln und Entschlossenheit, Aufbruchsstimmung und Zurückhaltung. "Daydreamers" ist sicherlich ein aufs Textgut ausgerichtetes Album, doch die vordergründig minimalistische Musik besticht nicht nur durch effektive Arrangements, sondern evoziert auch unterschiedliche Landschaftsbilder im Kopf des Hörers.
Auf der Grundlage von Gitarren und trefflich miteinander harmonierenden Stimmen mit deutlichen Bezügen zu den Beatles (klar) oder einer gemischtgeschlechtlichen Variante von Simon & Garfunkel entfalten sich Eindrücke von Bauernhöfen bzw. Farmen während der Erntezeit und nebelverhangenen Berglandschaften ('Lover Of Mine') im ausklingenden Sommer. In Stile "übersetzt" bedeutet dies: Country und Pop (höre 'Follow me'), typische Singer-Songwriter-Kniffe und Hippie-Kram aus der Musikszene an der kalifornischen Küste in den 60ern offenbaren sich im steten Wechsel, ohne dass die Platte wie ein Patchwork anmuten würde.
Für eine erste Studio-Kollaboration klingt sie sehr ausgewogen und kompakt, niemals konstruiert. Es geht ohne viel Pathos um Menschsein über kulturelle Differenzen und Kontinente hinweg, wobei auch ein wenig herbstliche Frische Einzug erhält, um bei den Natureindrücken zu bleiben; was dies betrifft, kommt "Daydreamers" also zur genau richtigen Zeit heraus.
FAZIT: Die deutsch-spanische Liedermacherin und der kanadische Folk-Star - er der abgeklärte, stilistisch sehr flexible Songwriter, sie eine virtuose Jongleurin mit Melodien, die sich genauso im Langzeitgedächtnis festsetzen, wie sie fortwährend aufs Neue berühren. Marlene Winkler und David Celia inszenieren mit "Daydreamers" einen auf postive Art naiven Traum in Gelb bis Rot, intim produziert mit trotzdem durchaus auch urbanen Zügen und obligatorisch für jeden Folk-Fan.
Punkte: 12/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 01.09.2018
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31.08.2018