Auch auf seinem zweiten Album lässt das Post-Rock-Projekt PARAPHON TREE das enorme spielerische wie kompositorische Talent der beiden Musiker mehr als nur aufblitzen. Die Jungspunde präsentieren "Aura" sogar im cineastischen Rahmen und kredenzen auch dem anspruchsvollen Hörer einige Kompositionen, die qualitativ nicht allzu weit entfernt sind von dem, was Prog- & Post-Rock-Pioniere zu ihren Glanzzeiten abgeliefert haben.
Der Album-Opener "Dolichenus" bringt es nicht nur auf knapp elfeinhalb Minuten, sondern nimmt die Hörer gleich mit mächtigen Percussions gefangen, die sich mit träumerischen Melodien verbinden und einladend klingen. Im weiteren Verlauf des Albums gibt es Passagen, die an God is an Astronaut, Porcupine Tree, Dream Theater, Glowsun und Co erinnern, dabei allerdings weit mehr als nur zweckdienlich oder wie eine blasse Huldigung der Originale klingen. Nein, PARAPHON TREE haben eigene Ideen, und vor allem hörbar viel Spaß an der Musik selbst, vor allem wohl am Basteln und am Songideen-Ausfeilen. Abwechslungsreich, mutig und aufgeschlossen geht das Duo zu Werke und kann mit einer Unbekümmertheit und Spielfreude punkten, die z.B. Long Distance Calling seit einigen Alben leider ein wenig abzugehen scheint. Vielleicht ist es der Vorteil der Jugend? Vielleicht auch die Unverfrorenheit, je nach Song das eine oder andere ungewöhnliche Instrument einzusetzen?
Genau jene Leichtigkeit mag wiederum dazu führen, dass Aron Jäger und Felix Rambach sich ab und zu noch etwas sehr träumerisch in allzu beliebig ausschweifenden Arrangements verlieren, anstatt den zweifelsohne hörenswerten Kompositionen den letzten Kick zu verleihen. Post / Prog / Instrumental Rock von der Stange gibt es auf „Aura“ trotzdem kaum zu hören, und das Duo lässt gefühlt über 90% der z.B. im Eclipsed-Magazin gefeierten Bands so aussehen, wie sie auch (in der Mehrzahl) sind: ziemlich alt.
FAZIT: Allein die Tatsache, dass es PARAPHON TREE gelingt, dem Post Rock Genre anno 2018 frischen Wind einzuhauchen, ist bemerkenswert. Die reine Freude an der Musik klingt dabei an allen Ecken und Enden durch und lässt über leichte Schwächen im Songaufbau – auf fraglos hohem Niveau – locker hinweg hören. Wenn die Jungs für ihr drittes Album einen Produzenten gewinnen können, der ihre Qualitäten noch konsequenter herausstellt, dann dürfte die Frage „make it or break it“ positiv beantwortet werden.
Darüber hinaus kann ich dem geschätzten Kollegen Volker vom Rockblog Bluesspot nur zustimmen, dass ein Konzert doch mal mehr als eine Überlegung wert wäre.
Erschienen auf www.musikreviews.de am 16.06.2018
Aron Jäger
Aron Jäger
Aron Jäger
Aron Jäger
Felix Rambach
diverse
Eigenveröffentlichung
51:55
27.04.2018