Oh, und wie diese Neuauflage in Vinylform Sinn ergibt … PHARAOHs Debüt markierte nicht nur zugleich den Beginn der italienischen Edelmetallschmiede Cruz Del Sur von Szeneveteran Enrico Leccese, sondern muss auch 15 Jahre später als eines der besten klassischen Metal-Alben nicht nur aus den Vereinigten Staaten gelten, die im ersten Jahrzehnt nach dem Millennium erschienen sind.
Wer die Gruppe noch nicht kennt, dem sind vielleicht Chris Black von High Spirits, Dawnbringer und mehreren anderen Projekten sowie Tim Aymar ein Begriff; der Sänger mit dem leichten Bruce-Dickinson-Timbre setzte dem zur Legende gewordenen ersten und bis jetzt einzigen Control-Denied-Album die Krone auf, bevor Bandkopf Chuck Schuldiner (Death) an Krebs verstarb, und glänzte bei PHARAOH von Anfang an als intelligenter Texter, von dem sich derzeit viele junge True-Metal-Frontmänner ein bis zwei Scheiben abschneiden können.
Falls dies nun als Promi-Bonus verstanden wird, ist das zwar stimmig, aber letztlich irrelevant für die (neuerliche) Bewertung von "After The Fire", denn der stark europäisch geprägte Power Metal von PHARAOH ist über die Hintergründe der Mitglieder der Gruppe erhaben. Gitarrist Matt Johnsen ist zwar ein ausgewiesener Gamma-Ray-Fan, kehrt aber in gleicher Weise einen Dave-Murray-Fetisch hervor, wie Kai Hansen ständig Judas Priest zitiert. So kommt es, dass man sich beim Hören des Bandeinstands wiederholt an die Eisernen Jungfrauen erinnert fühlt, sei es beim Titelstück ('Aces High' light) oder aufgrund der ewig und drei Tage alten häufigsten aller Maiden-Akkordfolgen C-D-E in den Strophen von 'Slaves'.
Tieftöner Chris Kerns brummelt im Steve-Harris-Gedächtnis-Galopp vor sich hin, während Black als straighter Power-Drummer auf einer Linie mit Leuten wie Saxons Nigel Glockner oder Accepts Stefan Schwarzmann (höre das stampfende 'Heart Of The Enemy') durchgeht, der gleichwohl auch einen patent wirbelnden Clive Burr nachahmen kann. Bei so vielen stichhaltigen Verweisen haben PHARAOH aber besonders wegen Aymars Vocals von Anfang an vermieden, als reiner Tribut-Act in der Referenzhölle zu schmoren.
Ihren vorläufigen Zenit erreichte die Band zwar erst mit dem Nachfolger "The Longest Night" (streitbare These, die Diskussion sei hiermit eröffnet), doch um alles weitere zu verstehen, was die "Pharaonen" später geboten haben, ist "After The Fire" genauso unverzichtbar wie auf allen Bestenlisten, die mit traditionellem Heavy Metal aus jüngerer Zeit zusammenhängen - zeitlos geil, und jetzt bitte ein neues Lebenszeichen!
FAZIT: "After The Fire" ist als Original-CD rar geworden, doch diese Wiederveröffentlichung liegt auch deshalb nahe, weil es sich um einen Neu-Klassiker handelt und Schallplatten längst wieder begehrt sind. Nach je einer Compilation und Single neben insgesamt vier Alben ist es nun auch Zeit für ein PHARAOH-Comeback; bis dahin beschäftigen wir uns wieder mit dem bisherigen Katalog des Quartetts und bewundern das Artwork des renommierten französischen Künstlers JP Fournier, das im Großformat besonders hübsch zur Geltung kommt. <img src="http://vg05.met.vgwort.de/na/416613d8ec484853b57678168c8d5e66" width="1" height="1" alt="">
Punkte: 12/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 31.08.2018
Cruz Del Sur / Soulfood
41:28
31.08.2018