Da Phil Collins regelmäßig von mehr oder weniger ernsten Wehen geplagt wird, die seine Performance als Frontmann wie Drummer beeinträchtigen, sieht sich das heute als Solokünstler kommerziell wohl erfolgreichste aller Genesis-Mitglieder gezwungen, Zweitverwertung zu praktizieren, statt mit neuer Musik zu Potte zu kommen oder gar weitere Konzerte zu geben, wie es ihm auf durchaus beachtenswerte Weise noch vor nicht allzu langer Zeit gelang.
Bei "Plays Well With Others" handelt es sich dem Titel gemäß (dieser geht auf einen Spruch auf einem T-Shirt zurück, das Drum-Kollege Chester Thompson ihm zur Würdigung seiner Talente schenkte) um eine quantitativ erschöpfende Zusammenstellung von in Kollaboration entstandenen Liedern, die Collins ungeheure Wandlungsfähigkeit und stilistische Raffinesse unterstreicht. Bekanntlich verspürte er nicht erst nach seinem Vortritt ans Mikrofon von Genesis ein nahezu dringendes Bedürfnis, sich in anderen Genres auszutoben, was zwar nicht immer zu gelungenen Experimenten führte, aber für eine Menge zeitlose U-Musik gesorgt hat.
Im Lauf seiner Karriere scharte Phil teils Idole und teils Kollegen um sich, mit denen er sich auf Augenhöhe befand, bzw. half ihnen bei Produktionen oder als Co-Songwriter aus. Der Multi-Instrumentalist mit dem untrüglichen Gespür für Hooks und im Gegensatz dazu großem Mut, selbst unabwegigste Ideen umzusetzen, übt sich heute in Demut, wenn er auf all dies zurückblickt, und das macht ihn - Rotes Tuch für die Muckerpolizei und diverse Geschmackseliten hin oder her - in gleicher Weise sympathisch, wie "Plays Well With Others" tatsächlich Sinn ergibt.
Mit diesem Boxset lesen Label und Künstler Lieder vom Wegrand auf, die unverdient dort herumzuliegen schienen, und lassen eine musikalische Vita Revue passieren, deren Haupteigenschaft just ihre Unbeständigkeit war. Vom Proto-Psych von Flaming Youth ('Guide Me Orion') gelangte Collins mehr oder weniger schnell in mitunter leicht biedere Poprock-Milieus (Argent, Robert Plant), lieferte aber auch Fusion-Edelware ab, indem er sich bei Brand X selbst zu einem sagenhaften Schlagzeuger adelte, und blieb sowohl dem Prog sowohl auf traditionellen Pfaden als auch in wirklich wagemutigen, neuen Kontexten treu, sei es mit Ambient-Pionier Brian Eno, neben King Crimsons Gitarrenrevolutionär Robert Fripp oder im Spiel mit John Cales Serieller Musik
Obwohl seine Zeit als überlebensgroßer Star in den 1980ern kam, dem Hochglanzpop-Jahrzehnt schlechthin, gehören Collins' Schulterschlüsse bis zum Beginn der folgenden Dekade zu seinen interessantesten überhaupt, wobei er sich abermals zwischen Mainstream (Band Aid, Clapton) und mindestens Art Pop (Tears For Fears), gern aber auch im weiteren Jazz-Milieu (Al DiMeola, Chaka Khan) bewegte. Abgesehen von Grenzwertigem wie 'In The Air Tonite', für ein Tributalbum an ihn selbst mit R&B-Diva Lil' Kim entstand, gab es stets Konstanden im Schaffen des Briten, vor allem Singer-Songwriter John Martyn und natürlich seine Genesis-Mitstreiter; ihrer ungeachtet ist bei alledem aber auch so eine einheitliche Linie zu erkennen - die des Erfindergeists und einer über alle Erfolge hinweg ungebrochen gebliebene Liebe zur Musik an sich.
FAZIT: "Plays Well With Others" ist keine Compilation aus reiner Verlegenheit, sondern eine zwangsläufig bunte Zusammenstellung von teils rar gewordenen Gemeinschaftsarbeiten eines waschechten musikalischen Tausendsassas. Rekapituliert man Phil Collins' Werk mit dieser Box, werden jegliche Vorwürfe von Opportunismus und Geschmacklosigkeit unhaltbar, die er sich bis heute gefallenlassen muss. <img src="http://vg05.met.vgwort.de/na/1e1f5628240a42fd9bf3c0b4451f93fa" width="1" height="1" alt="">
Erschienen auf www.musikreviews.de am 28.09.2018
Warner / Rhino
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28.09.2018