Das ist selten...
Seltener als selten!
Denn wann bitte ist man beim Hören eines tief dunkel akustisch eingefärbten Albums jemals zu dem Eindruck gelangt, JOHNNY CASH, NICK CAVE, LEONARD COHEN und TOM WAITS gäben sich beim Musizieren gegenseitig das Mikro und beim Komponieren den Griffel in die Hand?
„Dark Timber“ von POEMS FOR LAILA ist genau so ein Album!
Hier trifft große Poesie auf traurigen Folk, verhaltene Leidenschaft auf unwiderstehliche Melodien, eine bewegende voluminöse männliche auf eine zerbrechlich elfenhafte weibliche Stimme sowie akustische Instrumente – besonders Gitarre und Akkordeon – auf Geschichten menschlicher Abgründe und natürlicher Rettungsanker, bei dem sogar „ein Specht sein Leben gab“.
Aufgenommen <a href="https://vimeo.com/220784126" rel="nofollow">in einer Jurte (traditionelles Zelt der Nomaden) im Havelland</a>, inmitten eines Waldes voller „Dark Timber“ (Dunklem Holz) und absoluter Abgeschiedenheit, verbreitet sich die Mystik hinter diesen 12 so unterschiedlichen, aber allesamt geheimnisvoll melancholischen Songs, wie ein langsam schwelender Waldbrand, der einen gefangen nimmt und am Ende verbrennen lässt – in den nachhallenden Klängen, die uns, wie bei dem Duett in „Behind The Cypres Trees“, mitten in die Mörderballaden von NICK CAVE entführt, als der sich mit PJ HARVEY „due(ll)(tt)ierte“, vereinnahmen. Oder wenn uns gleich beim eröffnenden „Gambler“ ein trauriger JOHNNY CASH aus dem „Battlefield“ der Träume seines Himmels zuwinkt, um dann auf LEONARD COHEN neben sich zu deuten, der uns in aller Schwere über das „Easy“ des musikalischen Daseins, das wir hier auf Erden ohne ihn ertragen müssen, noch trauriger zulächelt, während über ihm der „Black Star“ eines DAVID BOWIE verborgen die musikalische Jurte der POEMS FOR LAILA und ihrer Klangwelt beleuchtet, welche tatsächlich noch gut versteckt im Diesseits existiert und an so viele erinnert, die sich längst auf den Weg Richtung Jenseits begeben mussten.
FAZT: Ein faszinierendes Album für all diejenigen, die noch immer den Toten hinterhertrauern, welche uns mit ihren traurigen Songs so viel Kraft verliehen, bis wir sie endgültig ziehen lassen mussten und die noch immer auf die bei uns verbliebenen, selten so bewegenden Musiker wie eine ANDREA SCHROEDER oder eben POEMS FOR LAILA hoffen. Bei solcher Musik wie „Dark Timber“ kann man das Sterben seiner musikalischen Helden hoffnungsvoll wieder ertragen.
Punkte: 13/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 17.04.2018
Nikolai Tomás, Joanna Gemma Auguri
Nikolai Tomás
Joanna Gemma Auguri (Akkordeon)
baboushka records/Broken Silence
50:02
09.03.2018