Auf dem zweiten Album der in der Blues-Szene hoch gehandelten Aufsteigerin Sari Schorr wimmelt es angefangen bei seinem Titel vor Floskeln, doch die gehören im Genre quasi zum guten Ton, und die eigentliche Musik degradiert sie ohnehin zu Nebensächlichkeiten, zumal die Künstlerin auch mit abgegriffenen Worten Emotionen vermitteln kann.
Und diese Emotionen sind genauso ungeschönt, wie sich der Stil der US-Amerikanern durch ein gediegenes Maß an Rauheit auszeichnet. "Never Say Never" wurde live unter der Aufsicht von Schorrs künstlerischem Intimus Henning Gehrke aufgenommen, dessen Expertise und Freundschaft sich hörbar ausgezahlt haben. Wo Kolleginnen bzw. Kollegen wie Joe Bonamassa oder Beth Hart, die längst bei der breiten Masse angekommen sind, ihren Biss vor lauter Anpassung und aalglattem Handwerk verloren haben, bringt Schorr weiterhin beides unter einen Hut.
Als Sängerin ist sie in gleichem Maße unverkennbar, wie sie sich fast vor Gefühl zu verzehren scheint, und umso mehr staunt man darüber, dass "Never Say Never" nie übertrieben rührselig wirkt. Neben mehreren urgewaltigen Eigenkompositionen covert Schorr Mick Ralphs’ 'Ready For Love' auf eindringliche Weise und hat gemeinsam mit u.a. Ash und Roy Wilson das Epos 'The New Revolution' geschrieben, das buchstäblich das Auge des Sturmes in der ungefähren Mitte des Albums darstellt.
Während der Einstieg mit 'King of Rock and Roll', das schmissige 'Valentina', der Instant-Hit 'Turn The Radio On' und das verhältnismäßig unauffällige 'Back To L.A.' (Kim Carnes lässt grüßen) eindeutig auf die Stimme der übrigens auch, außerordentlich fähigen Gitarristin zugeschnitten sind, steht im finalen Titelstück Gast-Organist Ian McLagan (Small Faces) im Brennpunkt.
All dies zusammengenommen macht "Never Say Never" zu einem Ausnahme-Album im Bereich des zeitgenössischen Bluesrock; warum hier wohl noch kein Label wie Mascot angeklopft hat?
FAZIT: Sari Schorr muss spätestens mit diesem zweiten Studioalbum zu den ganz Großen der Blues-Szene gerechnet werden. Auf "Never Say Never" vereinen sich atemberaubende Instrumentalisten mit einer Stimme, die durch Mark und Bein geht, und performen Songs, die heute, so sie in den 1970ern erschienen wären (danach klingen sie vor allem), als Klassiker gelten würden. <img src="http://vg06.met.vgwort.de/na/49a87ed54b084677bcd80385b45f4114" width="1" height="1" alt="">
Punkte: 13/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 04.10.2018
Manhaton
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05.10.2018