Man möchte es gerade im Zusammenhang mit den altgedienten Saxon nicht aussprechen, doch "Crusader" ist nüchtern betrachtet ein früher Auswuchs dessen, was man bis heute meistens nicht zu Unrecht als "Pop Metal" verpönt, auch wenn sich solche Musik mittlerweile anders anhören kann als das hier. In jedem Fall gehört unter diese Haube alles, was mit harten Gitarren Verwegenheit suggeriert und in Wirklichkeit handzahmes Spießertum ist.
Die Briten waren dem Dämon der Amerikanisierung erlegen, geködert von der Aussicht auf Riesenerfolge im Land der unbegrenzten Möglichkeiten, und das hörte man "Crusader" eindeutig an, nachdem es sich auf dem Vorgänger "Power & The Glory" schon hatte erahnen lassen. So schleimten sich die Herren artig auf dem neuen Markt ein, vor allem mit der oberflächlichen "Mayflower"-Abhandlung 'Sailing To America' und Sweets 'Set Me Free' das die Thrasher Heathen später auf stärker mitreißende Art gecovert haben.
'A Little Bit of What You Fancy' ist nicht nur wegen seines erhöhten Tempos (eine Seltenheit auf "Crusader") ein Lichtblick, sondern auf textlich, denn mit schlicht doofen Lyrics wie 'Just Let Me Rock' (überhaupt: wie oft muss Biff das Wort "Rock" in den Mund nehmen?) bezeugen Saxon auch auf inhaltlicher Ebene Einfallslosigkeit; rein musikalisch wirkt das Material größtenteils wie Ausschussware der beiden vorangegangenen Langspieler. Die Hochglanz-Produktion von Star-Knöpfedreher Kevin Beamish aus "Glam City" Los Angeles tat nichts dagegen.
Das Titelstück, eine typische Power-Ballade mit minimalistischem, aber sehr ausdrucksvollen Solo bleibt bis in die Jetztzeit zeitlos, und 'Rock City' hält zumindest als solide Hymne her, wobei sich Byford als Sänger in Bestform zeigt. Über den Schmalztopf 'Do It All For You' hüllen wir hingegen lieber den Mantel des Schweigens. Die abermals edel aufgemachte Neuauflage enthält fünf Demos, die manches vom Album in etwas rauerer Form und deshalb geringfügig besserem Licht erscheinen lassen, sowie tatsächlich guten Ausschuss, der weshalb auch immer nicht in die Endauswahl fürs "Crusader" gelangte. Insbesondere 'Helter Skelter' sollte man davon kennen, und auch 'Borderline' nimmt es mühelos mit zwei, drei Absackern aus dem Hauptteil auf.
FAZIT: 1984 disqualifizierten sich Saxon bei ihren treuen Fans in Europa durch Koketterie mit dem kommerziellen Hardrock, der in Amerika fröhlich Urständ feierte, und verpassten zugleich die Chance, mit der aufkeimenden Thrash-Bewegung schrittzuhalten, wie es etwa Judas Priest nach kurzem Straucheln ("Point Of Entry", "Turbo") hervorragend verstanden. "Crusader" ist deshalb höchstens wegen seines wirklich überragenden Titelstücks und seiner (für den Inhalt unpassenden) true-metallischen optischen Gestaltung im Gedächtnis geblieben. <img src="http://vg01.met.vgwort.de/na/0fe679d5a1bc4f3db921966bb3b89f43" width="1" height="1" alt="">
Punkte: 8/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 25.05.2018
BMG
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25.05.2018