Kaum zu fassen, Saxons viertes Album ist ihr kommerziell erfolgreichstes? Eigentlich hätte man auf "Crusader" getippt, aber nun gut - dessen ungeachtet bietet "Denim And Leather" abgesehen von einem stilprägenden Cover und Motto bekanntlich auch Musik, die seinen weitreichenden Erfolg durchaus nachvollziehbar macht - auf den Punkt genau kompakt, wuchtig produziert und mit hohem Identifikationspotenzial für eine Szene, in der Aufbruchsstimmung herrschte wie wenige Jahre später nie wieder.
Als die Scheibe Anfang Oktober 1981 erschien hatten Saxon ihre Sleaze-Anwandlungen immer noch nicht gänzlich abgelegt, doch Tracks wie 'Play It Lout' oder das Titelstück mit seinen Heerscharen von Kuttenträgern vereinenden Refrain-Zeilen redeten eine eindeutige Sprache. "Denim And Leather" stand ganz im Zeichen dessen, was Judas Priest analog mit "British Steel" herausbrachten, und half bei der Bereitung des Wegs vieler Bands (und von deren Nachahmern) in den Kommerz mit, raus unter der NWoBHM-Glocke und auf in die höheren Kreise der Musikbranche insgesamt.
Wenn man genau hinhört, meint man etwa bei 'Out Of Control' oder der Single 'Never Surrender' Riffs zu hören, die bald insbesondere Gruppen aus der Bay Area an der US-Westküste in ihr Repertoire aufnahmen. Ferner punktet "Denim And Leather" ebenfalls mit den von den Vorgängern bekannten Spurenelementen urtümlicher Hardrock-Acts, die Saxon zu einem eigenständigen Gegenpol von beispielsweise Iron Maiden machten. Diese spielten bereits in ihrer eigenen theatralischen Liga, während Biff - außerordentlich gut bei Stimme übrigens -und Co. immer die "working class band" bleiben sollten und wollten.
Dabei bewährte sich speziell die Single 'Princess Of The Night' als Live-Dauerbrenner, genauso wie das wieder einmal allzu selbstreferenzielle 'And The Bands Played On', eine Rückschau auf den Auftritt der Gruppe beim ersten Monsters Of Rock Festival 1980. Nicht zu unterschätzen übrigens: der für seine Zeit außerordentlich kreativ aufspielende Drummer Pete Gill, der sich nach diesem Album aus der Band verabschieden sollte.
Zu den Bonustracks: Enthalten sind die Rückseiten zweiten Auskopplung 'Never Surrender' (schnöde "alternative" Abmischung des bekannten '20,000Ft.') und sieben Konzertmitschnitte von der die Veröffentlichung des Albums begleitenden Tournee im selben Jahr. Legt man weder darauf noch auf Liner Notes Wert, kann man wie bereits im Fall der neu aufgelegten ersten drei Saxon-Platten zum farbigen Vinyl greifen, falls man es nicht schon 2012 als Pressung von Back On Black erstanden hat.
FAZIT: "Denim And Leather" weist im Grunde nicht einmal kleine Schönheitsfehler auf und ist zwar musikalischer Jeansstoff, aber trotzdem zugleich auch solide wie Stahl und unerlässlich für das Verständnis der Ästhetik der jungen Heavy-Metal-Bewegung nicht nur Großbritanniens. <img src="http://vg08.met.vgwort.de/na/72dd0b9182524119947bad8aa1f61b38" width="1" height="1" alt="">
Punkte: 11/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 25.05.2018
BMG
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25.05.2018