Zwei Jahre nach ihrem Überraschungshit "Denim And Leather" hatten Saxon den Durchbruch geschafft und standen unter dem Druck, einen veritablen Nachfolger einzureichen. Ihr Heil suchten die Briten wie auch manch andere europäische Band in den Vereinigten Staaten, wo sie unter Jeff Glixman ein Album produzierte, das ein bisschen unentschlossen wirkte, auch wenn es mehrere spätere Klassiker enthielt.
Ausgerechnet die hörbar auf den US-Markt zugeschnittene Single 'Nightmare' ist fast ein ebensolcher, weil das unterschwellige Cock-Rock-Gehabe, das die Nummer versprüht, überhaupt nicht zu Saxon passen möchte. Das Titelstück bleibt hingegen genauso über alle Zweifel erhaben wie das irgendwie staubig anmutende 'The Eagle Has Landed', in dem sich die Erfahrung Amerika auf positive Art niedergeschlagen hat. Der Track ist nicht umsonst in den Kanon der zahlreichen Bandhymnen aufgegangen und macht seinen beliebigen Vorsatz 'Midas Touch' wieder vergessen.
Im Gegensatz zu den tadellosen Midtempo-Rockern - ihre Behäbigkeit auf "Power & The Glory" ist vermutlich die größte Schwäche Saxons zu jener Zeit - ist 'This Town Rocks' nicht nur wegen seines selten dämlichen Texts ein echter Rohrkrepierer und der Tiefpunkt des Albums. Man mag dies dadurch rechtfertigen, dass die Gruppe nach dem Ausscheiden ihres alten Schlagzeugers eine Übergangsphase durchmachte (die sich gleichwohl lohnte denn Nigel Glockner ist bis heute das Uhrwerk des Quintetts), gleichzeitig da sie unter Katerstimmung im Sog ihrer jüngsten Erfolgs-LP litt.
Wie dem auch sei: "Power & The Glory" ist kein schlechtes Album, auch nicht rückblickend in Form dieser Neuauflage und wie vom zuständigen Label gewohnt mit Boni versehen. Die sieben Demos von 1982 sind insodern interessant, als sie die Entwicklung bis zum Endprodukt nachvollziehbar machen, wobei mit 'Turn On The Lights' neben 'Make Em Rock' auch Material zur Geltung kommt, das es in letzter Konsequenz (zu Recht) nicht aufs eigentliche Album schaffte.
FAZIT: Saxon erlebten erstmals Zeiten des Umbruchs: "Power & The Glory" ist eine merkwürdige Interims-Platte, auf der sich die Englishmen etwas desorientiert zeigten. In Zukunft sollten sie sich entschiedener auf den US-Markt konzentrieren (im Guten wie Schlechten), doch ihre fünfte Scheibe wirkt wie ein leicht missratener Zwitter aus Roots-Treue und Anbiederung, wobei der gestiegene Härtegrad (die Produktion ist für ihre Zeit edel, keine Frage) ausnahmsweise keinen Qualitätszuwachs mit sich brachte. <img src="http://vg01.met.vgwort.de/na/128b634347ce426ca335c714c7a35d06" width="1" height="1" alt="">
Punkte: 11/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 25.05.2018
BMG
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25.05.2018