Man möchte mal wieder kaum glauben, dass man es beim Hören eines Albums mit der Musik nur zweier Instrumentalisten zu tun hat, doch „Ikarus“ wurde tatsächlich nur von einem singenden Gitarristen mit seinem Schlagzeuger eingespielt. SCOFFs drittes Album wirkt ausgewogener als noch „Lambda“, das der Schreiber im Gedächtnis behalten hat, und lässt sich stilistisch nicht leicht fassen. Lautstarke Duos sind spätestens seit Mantar in aller Munde, doch in puncto Facettenreichtum stechen diese Herren hier die beiden ungleich bekannteren Hipster locker aus, selbst wenn man die Acts stilistisch nicht direkt miteinander vergleichen kann.
Die beiden federführenden Münchner verarbeiten Einflüsse aus Punk, klassischem Noise und Stoner Rock zu einem nicht unbedingt originellen Ganzen, das in erster Linie von der Energie lebt, die es freisetzt. Dies bedingt insbesondere der ungeschliffene Sound, der an eine Live-Performance denken lässt, ohne dass nur ein Aspekt des Stils des Projekts unterbelichtet wäre, im Gegenteil: Dem Duo gelingt die eine oder andere bewundernswerte Gesangsharmonie, während manche Riffs einen Tick zu oft wiederholt werden.
Gerade die gegen den rhythmischen Strich gebürsteten Akkordfolgen gefallen am besten, aber bisweilen bedient man sich doch zu plump aus dem Repertoire einschlägiger Pentatonik-Helden, was dann den Eindruck erweckt, das betreffende Stück sei einem schon einmal woanders begegnet. Ansonsten ist und bleiben die Achillesferse(n) des Zweiers die mehr oder weniger gesichtslosen Vocals, aber bei Konzerten in kleinen Clubs steppt bestimmt der Bär. Ist ja schließlich mehr Platz auf der Bühne
FAZIT: Mit "Ikarus" gelingt SCOFF ihr bisher ausgewogenstes Album, eine stimmige Mischung aus bissigem Alternative mit Ausschlägen gen Metal und etwas Stoner-Lässigkeit, falls das nicht im Grunde genommen sowieso alles eins ist. Anspieltipps für Fans von (nicht nur) den genannten Mantar: der Videotrack 'Black Stars'.
Punkte: 10/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 01.09.2018
Daredevil
41:25
20.07.2018