Eigentlich sind SEASONS OF TIME ein Trio, doch was die altgedienten Proggies auf ihrem nächsten Konzeptalbum („Closed Doors To Open Plains“ war vor zwei Jahren auch eins) auffahren, klingt bombastisch wie feinster Kunstrock aus den goldenen Arena-Jahren von Saga oder Asia.
Die Band um Hauptkomponist und Texter Dirk Berger ist allerdings thematisch finsterer und stilistisch mitunter härter unterwegs. Auf „Welcome To The Unknown“ bettet der Dreier ganz große Hooks in detailverliebte Tonkurzfilme, die souverän auf dem schmalen Grat zwischen Pomp und Power ablaufen. Dass die Band seit Jahren praktisch nur hobbymäßig betrieben wird, hat bislang messbare Erfolge verhindert, was schade und in Hinblick auf das Potenzial, das in ihr steckt, bedauernswert ist.
Wie dem auch sei, SEASONS OF TIME zehren auf „Welcome To The Unknown“ von sage und schreibe 25 Jahren Erfahrung. Instrumental brennt dabei nichts an, bloß dass die Stimme von Hauptstripppenzieher Dirk Berger etwas kräftiger sein könnte - okay, er übernimmt das Mikrofon auf dieser Platte zum ersten Mal, nachdem Malte Twarloh ausgestiegen ist - und man mittlerweile eigentlich meinen sollte, er sei des Englischen insoweit mächtig, als er sich biedere Texte wie jene des Openers 'Toward The Horizon' oder von 'Joana' verkneifen würde.
Gitarrist Florian Wenzel hat offensichtlich viel David Gilmour gehört, und falls man dem Klangbild insgesamt britische Provenienz attestieren möchte, darf man seinen unterkühlten Charakter alternativ auf Norddeutschland zurückführen, woher die Musiker stammen. So oder so, das Material wurde spürbar in liebevoller Detailarbeit entwickelt und birgt eine Tiefe in sich, die trotz weitgehend fehlender Eigenständigkeit für SEASONS OF TIME einnimmt - ganz zu schweigen davon, dass manch größere Band in dieser Hinsicht zu wünschen übriglässt, weil sie sich geschäftlichen Zwängen unterwirft.
Wo andere also Pflichtprogramme abspulen, hat man es hier mit Überzeugungstätern zu tun - anachronistischer Sound hin oder her.
FAZIT: „Welcome To The Unknown“ ist ein nahezu vorbehaltlos empfehlenswertes Stück Pomp-Prog mit leiser AOR-Note und sympathischem DIY-Flair, nicht zuletzt eine schöne Seltenheit aufgrund der Tatsache, dass alte Hasen mit jugendlicher Begeisterung am Werk sind; wo sonst bekommt man so etwas noch auf gehobenem Niveau geboten? <img src="http://vg06.met.vgwort.de/na/9e0f043f82c8435d99d87d779c33b5db" width="1" height="1" alt="">
Punkte: 11/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 03.10.2018
Eigenvertrieb
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07.09.2018