„Drei Titel, drei Sprachen, drei Klangwelten zum Entdecken!“ – so steht‘s im Inneren des Digipaks zu lesen...
Oder...
Die Wiedergeburt der elektronischen Musik mal drei von Laurent Schieber aka SEQUENTIA LEGENDA mit größtenteils Moog-Synthesizern zu einem riesigen, elektronischen Klang-Spektrum erweitert, das im letzten Stück sogar eine ganz enge persönliche Beziehung entfaltet, die einem beim Hören wirklich sehr nahe gehen muss.
Wer hier und heute noch immer behauptet, elektronische Musik wäre etwas Kaltes und Gefühlloses, der sollte endlich einmal mit seinen von Vorurteilen vermüllten Hörsinnen verstummen und sich weiterhin mit warmer Pop-Musik die Ohren zuschmalzen lassen.
„Renaissance“ von SEQUENTIA LEGENDA jedenfalls ist eins der besten, „wärmsten“ elektronischen Alben der letzten Jahre geworden, das sogar recht locker auch die letzten Veröffentlichungen eines KLAUS SCHULZE hinter sich lässt und eine Atmosphäre schafft, die uns einerseits tief in die Vergangenheit führt, um diese andererseits, wie der Titel es uns verheißt, zu einer Wiedergeburt verhilft. So gesehen holt Laurent Schieber mit seiner Titel-Trilogie „Renaissance“ die elektronische Musik-Antike, die damals noch so viel Beachtung fand, in die elektronische Gegenwart, die leider kaum beachtet nur noch ein Nischendasein fristet.
Dabei verlässt er allerdings zu keiner Zeit die Pfade der „Berliner Schule“, die einst KLAUS SCHULZE, EDGAR FROESE oder MANUEL GÖTTSCHING ebneten.
Welch Glück, dass es noch immer diese unerbittlichen Kämpfer um die elektronische Musik gibt, von denen zum Glück auch in Deutschland noch richtig gute Elektroniker unermüdlich diese Schule „renovieren“. Sie sind die Bewahrer der Welt elektronischer Klänge zu denen auch dieser Franzose gehört und schon von seiner Herkunft her bereits eine Ausnahmestellung genießt, da er nicht die Bohne seinem Landsmann JEAN-MICHEL JARRE nacheifert!
So erinnert dann auch „Renaissance“ an die heilige Ära elektronischer Musik der Frühsiebziger, wobei einem besonders die Solo-Werke „X“ von KLAUS SCHULZE, „Aqua“ von EDGAR FROESE oder „New Age Of Earth“ von MANUEL GÖTTSCHINGs ASH RA TEMPEL in den Sinn kommen.
Die drei Stücke bewegen sich in einer Spielzeit zwischen 17 und 26 Minuten, wodurch sie sich schwebend – aber nie behäbig oder langweilig – zu einem kleinen elektronischen Epos entfalten und darin Minute um Minute verwirklichen können. Und selbst wenn jeder Titel in einer anderen Sprache verfasst wurde und im Digipak in genau dieser Sprache seine Deutung erhält, so bleibt Laurent Schieber seinen Vorbildern auch diesmal treu. Ganz besonders wichtig ist ihm dabei, dass er auf dem Album tief in die „reine Tradition der analogen Ära als Rückkehr zu den Idealen der Berliner Schule“ eintaucht.
Eben eine echte „Renaissance“ elektronischer Musik.
Besonders bewegend ist hierbei die Geschichte hinter dem letzten deutschsprachigen Titel – eine Verneigung vor EDGAR FROESE und KLAUS SCHULZE zugleich – „Valentins Traum“.
Die Komposition hinter dem mit 17:23 Minuten kürzesten Stück von „Renaissance“ widmet Schieber seinem jüngsten Sohn Valentin, bei dem Autismus diagnostiziert wurde: „Es ist ein Geschenk, meine Botschaft der Hoffnung und Liebe für ihn.“
Allein unter diesem Aspekt gehört, entfaltet „Valentins Traum“ eine zusätzliche, fast ungeahnte Dimension, ähnlich wie diese Krankheit, die eine Art Zuflucht ins eigene Innere ist, um den Bedrohungen, die im Außen auf einen warten, widerstehen zu können. Ähnlich ist auch der traumhafte Titel aufgebaut. Langsam sich steigernd, aber immer wieder zu dem Grundgerüst zurückkehrend. Ein Versuch, der Befreiung, der aber immer wieder scheitert. Autismus als elektronisches Kunstwerk – diesem elektronischen Finale von „Renaissance“ merkt man überdeutlich an, wie intensiv sich Laurent Schieber mit dieser Krankheit seines Sohnes auseinandersetzte, um sie auf seine Art nicht als Bedrohung, sondern klangvolle Umsetzung zu verwirklichen.
Zugleich möchte Laurent Schieber mit diesem deutschsprachigen Titel auch dem deutschen Publikum danken, „das mir sein Vertrauen und seine Unterstützung geschenkt hat. Es ist für mich ein Privileg, im Land der Berliner Schule auftreten zu dürfen, im Land von KLAUS SCHULZE und EDGAR FROESE geschätzt und gehört zu werden.“
FAZIT: Mit „Renaissance“ kann SEQUENTIA LEGENDA im Land der „Berliner Schule“ genau diese Hochachtung vor seiner elektronischen Musik erneut rundum überzeugend bestätigen.
Punkte: 13/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 30.08.2018
Laurent Schieber
Eigenvertrieb
65:05
17.05.2018