Warum man beim Hören dieses im Grunde als Comeback anzusehenden Albums denkt, TAD MOROSE seien nie weg gewesen, erklärt uns Gitarrist und Bandkopf Krunt kurz und prägnant so: "Man schnappt natürlich hier und dort neue Sachen auf, greift letztlich aber doch immer wieder zu den alten Klassikern, wenn man sich inspirieren lassen will. Unsere Einflüsse sind mehr oder weniger dieselben wie früher. Dass wir mit der Zeit schneller geworden sind, mag an den Fortschritten liegen, die wir als Musiker gemacht haben. Außerdem sind wir heute vermutlich so gut aufeinander eingespielt wie nie zuvor." Mit "Chapter X" im Ohr kann man diese Aussage vorbehaltlos unterschreiben.
Mit 27 (!) Jahren auf dem Buckel tun TAD MOROSE also einen Teufel, ihren im Kern nie wesentlich veränderten Stil zu modifizieren. Da die Schweden nie omnipräsent waren, wird man ihrer auch 2018 nicht überdrüssig, selbst wenn „Chapter X“ eine Predigt für bereits Bekehrte darstellt. Der düstere, dezent mit Keyboards untermalte Sound der Band gehört zu einer aussterbenden Art zwischen Doom und Prog, ohne so ganz das eine oder andere zu sein; stattdessen hält sich das Quintett an Genre-übergreifende Tugenden wie eingängige Melodien bzw. Refrains, wie um den von jeher leicht sperrigen Eindruck zu relativieren, den seine Musik zunächst erweckt.
Dabei beweist sich Ronny Hemlin erneut als falls nicht bester, so doch ohne Zweifel flexibelster Sänger, den die Gruppe je hatte, ob er zu schleppenden Riffs growlt oder sich in Euro-Metal-Antreibern vor Michi Kiske verbeugt – inklusive frech klischeehafter „fly like an eagle“-Parolen). Hinzu kommen mit Heldenchören, derben Stakkato-Rhythmen und umso ruhigeren Parts, die an Nevermore denken lassen, weitere Farbtupfer, die 14 Songs lang keinen Leerlauf zulassen … und das gelingt heute so gut wie keiner traditionellen Stahlfabrik mehr.
FAZIT: "Chapter X" ist eine Rückkehr in bestechender Form für TAD MOROSE. Die Band knüpft an ihre zähe Frühphase an und liefert zugleich eine Handvoll kraftvoller Nummern im höheren Tempobereich ab, die alle eines gemein haben: mitreißende Hooks und einen zeitlosen Charakter ohne abgeschmackten Mief. Alte Herren, jugendlich frisch - so wird Power Metal gespielt, Leute! <img src="http://vg06.met.vgwort.de/na/b57f4537c5e8486ca433fb716dbd44d8" width="1" height="1" alt="">
Punkte: 13/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 09.07.2018
GMR
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13.07.2018