Sie waren einer der innovativsten britischen Rockbands, deren Haltbarkeitsdatum trotz ihrer großartigen, extrem verspielt-experimentellen und zugleich richtungsweisenden Art, der sie selber den stilistischen Begriff „Folktronic“ verpassten, leider nur acht Jahre dauerte. Und selbst dass der NME jubelte: „Eine der innovativsten, verspieltesten und abwechslungsreichsten britischen Bands der Gegenwart!“, konnte nichts daran ändern, dass 2004 die Zeit nach nur drei Alben und drei EP‘s von THE BETA BAND vorbei war.
Doch nun sind sie mit ihrer obskuren Mixtur aus Folk, Indie-Rock, Trip Hop, Americana, Rhythm‘n‘Blues, Psyche, Kraut sowie schottisch und elektronisch geprägter Musik wieder da!
Aber nicht als reunionierte Altherren-Kapelle, sondern als Re-Release auf mehreren CD‘s – vorerst mit der erstmals im Jahr 2005 veröffentlichten Best-Of-Kollektion samt einem beidseitig bedruckten Live-Poster und dem 3-EP-Sampler mit 32seitigem Booklet.
Obwohl die Musiker aus Schottland stammen, begann ihre musikalische Findung in einer kleinen Studenten-Bude West-Londons, in dem sich die drei Bewohner daran machten, mit Sampler und Mehrspurrekorder sowie einer Jamsession zu OASIS‘ „Wonderwall“ THE BETA BAND zu gründen, zu der ihr singender Gitarrist Steve Mason feststellt: „THE BETA BAND entstand aus einer Idee heraus, die schön und naiv zugleich war und all die Naivität bewirkte, dass wir mit dem, was wir da als Musik machten, sehr zufrieden waren, weil es eine echte Wirkung hinterließ.“
Ähnlich muss auch ein SYD BARRETT an die Gründung von PINK FLOYD herangegangen sein, denn hört man die barrettschen Frühwerke von Floyd, dann ist man ganz nah bei THE BETA BAND. „Arnold Lane“ auf Psyche-Tripp kommt einem immer wieder in den Sinn und oft gewinnt man den Eindruck, THE BETA BAND setzen in ihrer Musik den Geist eines SYD BARRETT fort, nachdem der von PINK FLOYD zurückgelassen wurde.
Wer das nicht glaubt, der sollte unbedingt solche Songs wie <a href="https://www.youtube.com/watch?v=kbxoTkSkefo" rel="nofollow">„Dr. Baker“</a> oder <a href="https://www.youtube.com/watch?v=CpVwYMiN5cI" rel="nofollow">„Wonderful“</a> oder <a href="https://www.youtube.com/watch?v=oZyQ5uVRHVc" rel="nofollow">„Broke“</a> und, und, und hören und wird garantiert ganz schnell den Ausführungen des Kritikers zustimmen.
Steve Mason jedenfalls findet auch hierfür eine genauso einfallsreiche wie bildhafte Beschreibung, die gleichermaßen auch für die gesamte Musik seiner THE BETA BAND zutrifft: „Sie ist wunderschön und zugleich unglaublich. Wir wurden zu einem riesigen psychedelischen Regenbogen, der sich in Richtung Himmel bewegte, um diesen anzuschreien und dann an einem Bergmassive zerschellte. Und genau das war perfekt!“
Wer THE BETA BAND noch nicht kennt, der sollte sie spätestens jetzt entdecken, denn sie gehört zu dem Stück verborgener Musikgeschichte, das man unbedingt kennen, hören und lieben sollte – zumindest wenn man psychedelische Musik mag. „Folktronic“ von THE BETA BAND gehört zwingend mit dazu!
Völlig überraschend gab die Band am 2. August 2004 auf ihrer Homepage ihre Trennung bekannt und kündigte ihre Abschiedstour an, die mit ihrem letzten Konzert am 5. Dezember 2004 in Edinburgh endete. Und damit wir uns auch von den Live-Qualitäten der schottischen Folktronic-Experimentalisten überzeugen können, liegt als zweite CD diesem großartigen, auch vom Sound her ausgezeichnet klingenden „The Best Of The Beta Band“-Doppel-Album „Live At The Shepherds Bush Empire“ bei.
FAZIT: Genauso wie für die parallel zu dieser „The Best Of The Beta Band“-Doppel-CD erschienene „The Three E.P.‘s - 20th Anniversary Remastered Edition“ gilt: Sie nennen es „Folktronic“, aber es ist viel mehr – nämlich ein echter psychedelischer Trip durch die unterschiedlichsten Spielarten moderner Musik-Klangerzeugung. THE BETA BAND steht für ähnlich verrückte Innovationen wie ein ZAPPA – eben nur mit Brit-Pop-Prägung, wovon die Neuveröffentlichung dieser bereits im Jahr 2005 veröffentlichten „Best Of“ und des Konzertmitschnitts aus dem The Shepherds Bush Empire der britischen Psyche-Band ein herrlich verrücktes, klangvolles Zeugnis ablegt! Vorsicht – für alle „Psychos“ besteht extreme Suchtgefahr!
Erschienen auf www.musikreviews.de am 05.12.2018
Richard Greentree
Steve Mason
Steve Mason
John MacLean
Robin Jones
Because Music/Word And Sound
152:16
14.09.2018