Bergen, deine Bands … ÜBERTØS sind eine weitere hörenswerte Kapelle aus der norwegischen Rock-Hochburg, allerdings keine aus dem Psych- oder Prog-Dunstkreis, der das Geschehen dort ansonsten dominiert, geschweige denn fortschrittlich denkende Black Metaller wie Enslaved. Im Gegenteil - nach vorne schauen dürfte dem Wesen der Mitglieder der Gruppe nicht entsprechen, auch wenn es sich bei ihnen definitiv nicht um Unentwegte handelt, die frech auf den Vintage- und Retro-Zug gesprungen sind, während dieser ungebremst weiter durch den Rockzirkus rattert.
Nein, auf dem zweiten Album des Quartetts vereinen sich lärmiger Indie Rock (Dinosaur Jr. ohne vorsätzlichen Dilettantismus) und die Düsterkeit exponierter nordamerikanischer Liedermacher zu einem relativ originellen Entwurf von härterem Pop, dessen Charme hauptsächlich in den Vocals besteht. Sängerin und Gitarristin Charlotte verfügt über ein quengelndes Organ, hat aber auch ein überdurchschnittlich gutes Feeling für melodisch eingängige Wendungen, die das Material auf „Shake Off“ umso mehrheitsfähiger machen.
Die Band bestellt ihr Feld oft mit hämmernder Piano-Begleitung, weshalb man sich einbilden könnte, es mit Country-lastigem Jingle Jangle aus den 1960ern (höre etwa das zarte ‚Betty Jack‘ oder ‚Nuttie Home‘ mit Banjo) zu tun zu haben. An anderer Stelle klingt jedoch der Post Punk von Dead Moon (‚Night Riders‘) an, und jawohl, das ist im Grunde genommen eine unerhörte Mischung, die allerdings vollends aufgeht. Die einzelnen Zutaten sind obendrein momentan ebenfalls alles andere als unmodisch, weshalb einzig ihre zunächst sonderbar anmutende Verschmelzung ein Hindernis für die Macher darstellen könnte, wenn es darum geht, auf breiterer Ebene mit diesem Material zu punkten.
FAZIT: Was noch auf dem Debüt der Gruppe nur selten nicht unvereinbar klang, erweist sich jetzt als genau aufgehende Rechnung. ÜBERTØS sind spätestens jetzt eine famos eigenständige Band mit obendrein einigen richtig guten Songs, mit denen im Ohr man sich gar keine Gedanken mehr über die zweifelsohne vorhandene Originalität machen muss. <img src="http://vg06.met.vgwort.de/na/f49df27710864140a69a5611057cc7f3" width="1" height="1" alt="">
Punkte: 12/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 19.02.2018
Mild Nervous Collapse / Diger
37:35
23.02.2018