Sänger und Keyboarder Jeroen Habraken hat gemeinsam mit seinem Bruder Maarten Habraken eine Abart von Progressive Rock entwickelt, die sich zu mehr oder weniger gleichen Teilen aus Vintage-Klängen und Einflüssen aus dem elektronischen Bereich speist. UNKH sind zwar schon seit 1991 (mit zehnjähriger Unterbrechung über die Jahrtausendwende hinweg) aktiv, haben aber erst in jüngerer Zeit zu sich selbst bzw. einen eigenen Stil gefunden.
Die zu Beginn ihrer Laufbahn noch stark vom klassischen Symphonic Rock der 70er geprägte Gruppe berief sich anfänglich insbesondere auf die britischen Größen der 1970er, doch mit einem Augenmerk auf die rhythmische Komponente und ausufernde Instrumentalpassagen deutete sich im Grunde schon an, was man jetzt auf "Innerverse" zu hören bekommt.
Der Einsatz von Samples und Drum-Loops geht nahtlos mit klassischen Arrangements einher, die das Debütalbum "Traveller" (erschien erst 2014) noch in größerer Fülle enthielt. Der visuelle Charakter, dem UNKH auch live mit Videoinstallationen Rechnung tragen, ist jederzeit präsent, vor allem aber in den beiden klammernden Longtracks; die Eröffnung 'Delusional/Warp' klappert in zehn Minuten den New Wave der 1980er (Talk Talk!) ebenso ab wie den härteren Prog früher Dream Theater, aber dass das Quartett aus den Niederlanden stammt, meint man gleichsam zu erkennen.
Die jung gebliebenen Herren verschränken die Unterkühltheit englischer Gleichgesinnter mit etwas verschmitzt Frechem, das die Szene-Vertreter ihrer Heimat seit je ausmacht. Die Fast 20 Minuten von 'Dreamcatcher' zum Schluss sind in diesem Sinne beschwingtes, aber auch anderweitig assoziationsreiches Kopfkino und virtuos, ohne einen unangenehm schulmeisterlichen Eindruck zu erwecken.
Dazwischen bieten auch die gesangslose Bedrohlichkeit 'Deep' und das Beatles-artige Pop-Kuriosum 'The Showcase' eine Menge Futter für den Kopfhörer-Träger, der sich passend zu den Ambitionen der Combo ebenfalls an einer exzellenten Produktion ergötzen darf.
FAZIT: UNKH vereinen langjährige Erfahrung und ungebrochenen stilistischen Wagemut zu einem aufregenden Album, dass dennoch das Bild in sich ruhender Musiker vermittelt. Diese wissen genau, was sie tun, und laden als trickreiche Regisseure zu einem Film ein, den man sich gern wiederholt ansieht, ja ansehen muss, um alle Einzelheiten freizulegen - gern auch mit Bezug aufs eigene Ich, wie der Titel "Innerverse" suggeriert, denn die "Wahrheit" liegt bekanntlich oft im Selbst. <img src="http://vg01.met.vgwort.de/na/498af84c38d24a4cac4a14075d31245b" width="1" height="1" alt="">
Punkte: 12/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 10.06.2018
Freya
44:03
01.06.2018