Ein Streichquartett ist zunächst einmal nichts Innovatives, doch davon abgesehen, dass das VIOLET QUARTET nur mit Geigen musiziert, kommen elektronische Komponenten ins Spiel, welche das Schaffen von Stefan Emde, Bettina Hagemann, Andreas Heuser und Sabine Rau dann doch falls nicht revolutionär, so im wahrsten Sinn des Wortes unerhört machen.
Bereits zum zweiten Mal fesseln die vier in Form von "Vibrations" mit einem Langspieler, der von Anfang an mehr bietet, als es die Summe der Einzelkomponenten, mit denen er realisiert wurde, erwarten lässt. Das VIOLET QUARTET beschränkt sich nicht auf traditionelle Spieltechniken, sondern "missbraucht" seine Instrumente nachgerade durch unorthodoxe Spieltechniken und teils starke Verfremdung mithilfe von Soundprozessoren und dergleichen. Wer zudem glaubt, Geigen würden perkussive Rhythmik und sogar swingende Grooves ausschließen, sieht sich beim Hören des Albums getäuscht.
So kommt es auch, dass sich "Vibrations" anders, als mancher vielleicht befürchtet, nicht schon nach kurzer Zeit als Novelty-Veröffentlichung mit kurzer Halbwertszeit abnutzt. Nein, VIOLET QUARTET haben "richtige" Songs geschrieben, auch wenn niemand dazu singt (man vermisst die Stimme auch nicht), denn Melodien und engängige Wendungen stehen bei aller Experimentierfreude im Vordergrund. Indem der Vierer traditionelle Tanzstrukturen mit zeitgenössischen Prinzipien der Liedermacherei verweben, fördern sie ungeahnte Qualitäten ihrer Instrumente zutage.
Letzten Endes beweist "Vibrations", dass man als offener Musiker auf sehr unterschiedliche Weise aus seinem kompositorischen Gespür schlagen kann, wenn man nur über den eigenen Schatten springt bzw. mit Konventionen bricht. Das VIOLET QUARTET pendelt zwischen Klassik, Folklore, Pop-Gesten und ätherischer Weltmusik, ohne sich einen stilistischen Schuh fest anzuziehen. Was dies betrifft, ist der überlange Abschluss 'Floating Waltz' mit angehängtem 'Epilog' ein eine ultimate Ansage in Sachen künstlerischer Freiheit.
FAZIT: Wer den Klang der Geige hasst, aber ansonsten offener Musikhörer ist, wird nach dem Hören von "Vibrations" zum wohl bekanntesten aller Streichinstrumente bekehrt sein. Das VIOLET QUARTET tritt mit diesem Album im Idealfall eine neue musikalische Strömung los, die Genres und die Grenze zwischen E- und U-Musik transzendieren könnte. <img src="http://vg06.met.vgwort.de/na/26e4031c818642d18b7607b099d90a5f" width="1" height="1" alt="">
Punkte: 12/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 12.08.2018
Makro
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03.08.2018