Derzeit scheint der Blick im Rock eher in die scheinbar behagliche Vergangenheit zu gehen und da machen auch die Berliner von WEDGE keine Ausnahme.
Auf ihrem zweiten Album „Killing Tongue“ stecken sie tief in den 60ern und 70ern und wollen wohl auch gar nicht mehr, als den Sound von früher ins Heute zu holen.
Da gibt es knackigen, eingängigen Rock, der auch den schwedischen BLUES PILLS größeren kommerziellen Erfolg gebracht hat. Der Opener und „High Head Woman“ sind kernige, schnörkellose Nummern, beseelt vom alten Hard Rock.
Andere Songs tendieren aber deutlich zum Psychedelischen.
„Tired Eyes“ lässt sich anfangs viel Zeit und verbreitet dann mit seiner Beschwingtheit ein bisschen Hippie-Atmosphäre, „Quarter To Dawn“ erweckt mit der akustischen Gitarre und dem entrückten Gesang Erinnerungen an PINK FLOYD.
Im Titeltrack wird der Hammond Orgel viel Raum eingeräumt, sodass die Grundstruktur ein wenig an URIAH HEEP erinnert. Und irgendwie ist das vielleicht ein wenig das Problem bei „Killing Tongue“. Permanent meint man beim Hören zu merken, wer hier Pate gestanden hat. So entsteht zwar ein Geflecht von netten Verweisen, wofür aber WEDGE stehen, außer einer gut geölten Zitatmaschine, wird nicht so recht klar. Denn das alles gab es schonmal zu hören.
„Worüber man ja zum Beispiel als junge Rockband jetzt mal nachdenken könnte: Warum haben wir eigentlich mit keinem Beef? Warum zitieren wir uns immer nur durch die Musikgeschichte, warum funktioniert unser Bezugssystem nur in eine Richtung, retro, retro, nach hinten?“.
Das fragte die Zeit im vergangenen Jahr, als sie konstatierte, dass Hip Hop der Rockmusik den Rang als kreativstes und relevantestes Genre abgelaufen habe. Und auch bei mir als Hörer wächst die Erkenntnis, dass sich der Retro-Hype vielleicht bald totgelaufen hat. Dass gerade WEDGE jetzt dafür als Symptom herhalten müssen, ist vielleicht unfair, denn die Band macht nichts Anders als ihre Genre-Kollegen. Andererseits ist „Killing Tongue“ aber ein Paradebeispiel für diesen generischen Retro-Rock, der sich selbst genug ist.
Das Album tut keinem weh, wird aber sicher auch keine Langzeitwirkung entfalten.
FAZIT: WEDGE schwimmen mit „Killing Tongue“ auf der Retro-Welle, ohne dabei sonderlich aufzufallen. Auch sie bedienen sich an den bekannten Versatzstücken aus Hard-, Blues- und Psychedelic-Rock, sind in den Arrangements aber nicht besonders kreativ. So entsteht der Eindruck von einer Band, die zwar bemüht ist, aber keine eigene Note entwickelt.
Punkte: 8/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 14.02.2018
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