Der Vorfreude auf ein angekündigtes Album ist es nicht unbedingt förderlich, wenn der ausführende Künstler von seinem neuen Werk sagt, dass dieses preisgünstiger gewesen sei als eine Therapie – so geschehen im Vorfeld von WILL HOGES neustem Album „My American Dream“.
Aber dann verwandelt sich die leise Skepsis des Rezensenten schon beim ersten Durchlauf der acht Songs – allesamt von HOGE selber geschrieben – in Freude und Anerkennung.
HOGE war schon früher kein Leisetreter; mit seinen Texten politisches Terrain zu betreten, ist für den Songwriter aus Tennessee nichts Neues. Mit seinem Album „My American Dream“ allerdings lässt WILL HOGE die Komfortzone amerikanischer Country-Musik nun meilenweit hinter sich!
Bereits im Opener „Gilded Walls“ fährt er den weltfremden Ignoranten in ihren goldenen Käfigen an den Karren, und im eindrücklichsten Song des Albums, dem akustischen „Thoughts & Prayers“, bezeichnet er amerikanische Politiker als „Huren der NRA (National Rifle Association)“. HOGE verbittet sich deren berechenbare, scheinheilige Anteilnahme nach jedem erneuten Schulmassaker: „Macht endlich eure Arbeit dort oben, eure Gedanken und Gebete sind nichts wert…“. Er singt in „Still A Southern Man“ vom Mann, der weiterhin an seine Heimat glauben will, aber auch von jenem, dessen „American Dream“ sich in nichts auflöst.
Musikalisch ist dieses Album geprägt von HOGES zumeist eindringlicher, manchmal wütender Stimme und der sehr soliden, schnörkellosen und doch vielschichtigen Arbeit der Band. Es sind raue und ehrliche Töne, und man ist geneigt, der Mitteilung, dass die Aufnahmen nach bloß dreier Studio-Tage auf Band waren, Glauben zu schenken. Produziert hat WILL HOGE selber. Und: Sowohl die CD wie auch die Vinyl-Ausgabe werden mit sämtlichen Song-Texten sowie einer Kopie der amerikanischen Verfassung (!) geliefert.
FAZIT: „My American Dream“ ist kaum ein Werk für die Ewigkeit, dafür ist dieses Album zu sehr eine – allerdings kompromisslose – Momentaufnahme. WILL HOGE ist ein Musiker, der sich in seiner Aussage sehr pointiert und musikalisch gekonnt zu den Verhältnissen in seinem Land äußert. Das ist in allen Belangen weit mehr als das, was heute in den USA gang und gäbe ist.
Punkte: 13/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 02.10.2018
Chris Griffiths
Will Hoge
Thom Donavan, Will Hoge
Allen Jones
Edlo Records
29:29
05.10.2018