YOB sind ein Sonderfall in der Doom- und Stoner-Szene. Die Band frönt weder der verkifften 70er-Nostalgie, noch dem testosterongeladenen Wüstenrock. Stattdessen hat sie sich mit ihren überlangen und oft komplexen Songs in die Herzen der Kritiker gespielt.
Diesbezüglich dürfte auch ihr neues Album keine Ausnahme machen. Dabei zeigt „Our Raw Heart“ YOB von einer etwas anderen Seite als der Vorgänger „Clearing The Path To Acend“. Schon im zehnminütigen Opener „Ablaze“ wird spürbar, dass es hier harmonischer zugeht und ein stärkerer Fokus auf den Melodien liegt. So erinnert der Song ein wenig an den todtraurigen Epic Doom von WARNING oder WHILE HEAVEN WEPT. Das liegt auch am ausdrucksstarken, klagenden Gesang von MIKE SCHEIDT.
Wie vielseitig das Album ist, beweist dann der nächste Song. „The Screen“ beginnt mit einem schroffen Stoner-Riff, der den Song fast zehn Minuten lang trägt und fängt mit kratzigem Gesang an, der sich immer wieder mit beeindruckendem Klargesang abwechselt.
YOB gelingt es, druckvoll, zugleich aber auch filigran und verletzlich zu klingen und trostlose Klanglandschaften zu erschaffen. Vielleicht ist das auch eine Form, die krankheitsbedingt Operation zu verarbeiten, welche Scheidt im vergangenen Jahr fast das Leben gekostet hätte.
Besonders eindrücklich umgesetzt ist das beim melancholischen „Beauty In Falling Leaves“, einem 16-minütiges Requiem mit kryptischem Text und interessantem Spannungsbogen. Hier setzt Scheidt durchgängig auf Klargesang, den man bei YOB so prägnant bisher nicht gehört hat.
Wenn die Bezeichnung „thinking man’s Doom“ nicht so ein vergiftetes Lob wäre, da es die Hörer anderer Bands doch etwas beleidigt, könnte man YOB so charakterisieren. Denn „Our Raw Heart“ ist Futter für die Ohren, das Herz und den Verstand.
FAZIT: Auf „Our Raw Heart“ erweitern YOB ihren Sound um einige Facetten, bleiben ihrem unverwechselbaren Stil dabei aber treu. Hier wird Doom Metal zur Kunst, und wie gute Kunst sein sollte, ist das Album sperrig und herausfordernd, zugleich aber auch wunderschön und vor allem nie langweilig.
Punkte: 13/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 16.06.2018
Aaron Rieseberg
Mike Scheidt
Mike Scheidt
Travis Foster
Relapse Records
73:24
08.06.2018