Um mehr oder weniger pfiffige Wortspiele (siehe "Moshkinstein", 1988) waren ACID DEATH schon vor mehr als drei Dekaden nicht verlegen, und während der Titel "The Age Of Entitlement" diese schöne Tradition fortsetzt, hat sich auch musikalisch wenig bei den Engländern verändert, nun da sie zum tatsächlich ersten Mal seit 1990 wieder einen Langstreckenlauf wagen.
Die Band, die es trotz unermüdlicher Tourneen mit amerikanischen Szene-Schwergewichten wie Exodus oder Death Angel genauso wenig an die Genre-Spitze schaffte wie sämtliche andere ihrer Generation aus dem Vereinigten Königreich, machte schon 2015 und 2017 mit den einzelnen Neukompositionen ‘Plan Of The Damned’ und ‘The Man Who Became Himself’ auf ihre Reunion aufmerksam, ehe sie erneut Konzerte gab und Alteingesessene Genre-Fans zum Schwärmen brachte, doch ihre neue Platte hält ein durchweg höheres Niveau als jene beiden Songs.
Teils selbstironisch wie ehedem pflügen ACID REIGN nach einem pompösen Intro durch eine Reihe fett modern produzierter Stilblüten, die an den kurzen zweiten Frühling ihrer Landsleute Onslaught mit "Killing Peace" erinnern. Originalsänger Howard Smith erweist sich als Sympathieträger, der sowohl derb shouten kann als auch mehrheitsfähige Refrains auf die Kette kriegt - höre vor allem 'The New Low' und das punkige Doppel aus 'Blood Makes Noise' und 'Ripped Apart-, während die beiden Gitarristen nur so mit zudringlichen Riffs um sich werfen
Abgesehen vom längeren'#NewAgeNarcissist' ist die erste Hälfte den kompakten Krachern vorbehalten, ehe das eher harmonisch ausgerichtete 'Hardship' einen stimmungsvollen Teil einleitet, der im fast achteinhalb Minuten dauernden 'Within The Woods' (zugleich das Album-Highlight) gipfelt. Hier lassen ACID REIGN Metallicas Hang zur Epik anklingen ("Master Of Puppets", "Death Magnetic"). Mit 'United Hates' (warum darauf noch niemand früher gekommen ist?) dreht das Quintett zum Schluss noch einmal richtig auf, was "The Age Of Entitlement" zu einer überraschend geilen, ungezwungenen Veranstaltung macht.
Britischer Thrash stand immer im Schatten der US-Variante, was zweifellos berechtigte Gründe hatte, doch ACID REIGN bestätigen mit "The Age Of Entitlement", dass sie ausdrücklich nicht in den Randnotizen des Geschichtsbuchs des Stils abgelegt werden dürfen. Ob die Platte im Zuge des mehr oder weniger letzten Aufbäumens anderer Altherrenmannschaften und gegenüber aufstrebenden Jungtalenten Bestand hat, mögen Erbsenzähler entscheiden - fest steht, das Ding bereitet mordsmäßigen Spaß.
FAZIT: Mit ihrem dritten Album nach mindestens mattglänzenden aber dennoch vergessenen Perlen "The Fear" und "Obnoxious" legen ACID REIGN ein gefälliges Comeback aufs Moshpit-Parkett. Wer nicht nur die "crème de la crème" des Thrash abschöpft, für den lohnt sich eine Beschäftigung mit der Band und dem Album zweifellos. <img src="http://vg08.met.vgwort.de/na/04dbf30408b04b70823b87985188a116" width="1" height="1" alt="">
Punkte: 11/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 25.09.2019
Dissonance / Soulfood
44:11
27.09.2019