Der große Aufbruch, Hitze, Feuer … Die Titel der Stücke auf Bastien Lallements neuem Album sprechen Bände in Hinblick auf die enthaltene Musik, denn "Danser les Filles" mag zwar oberflächlich Gelassenheit ausstrahlen, wie man sie Franzosen im Sinne des "savoir vivre"gern unterstellt, wird aber von einer latenten Unruhe befeuert, die eine Sehnsucht nach weite suggeriert.
Als exponierter Vertreter der sogenannten Nouvelle-Chanson-Bewegung, deren Ursprünge gemeinhin zu Künstlern wie Dominique Ané bzw. nach Nantes und zum dort ansässigen Label Lithium zurückverfolgt werden, pflegt der Musiker und Schriftsteller auf seinem fünften Langspieler Traditionen im überlebensgroßen Schatten von Serge Gainsbourg und dessen Zeitgenossen, was nur auf den ersten Hör ein bisschen naiv erscheint, wenn er etwa in 'Ralentissons' von einer zusätzlichen Sängerin unterstützt zum Entschleunigen aufruft.
Auch seine volltönende Stimme mit markantem Vibrato im Sinne klassischer Crooner wirkt wie aus der Zeit gefallen, doch Lallements Themen, die ihn in dieser oder ähnlicher Form bereits seit seinem Debüt „Les Premiers Instants“ (2003) begleiten, könnten zeitgemäßer nicht sein - umso logischer auch, dass er mithilfe seines leichtfüßig aufspielenden Quartetts, auf das er seit Jahren zurückgreift (wobei Keyboarder David Babin und Seb Martel, der mehrere Saiteninstrumente übernimmt, als tragende Säulen des Sounds fungieren) moderne Arrangements zum Besten gibt, die selten der Klangästhetik konventioneller (alter) Liedermacher entsprechen.
Klavier und akustische Gitarre prägen die Musik zwar vordergründig, doch die vielschichtigen Strukturen, Entlehnungen bei anderen, gern auch ausländischen Stilen (nordamerikanischer Country - höre etwa 'Avant Midi' oder das Tingeltangel-Kuriosum 'Le Lilas Fane') und Ausdrucksformen generell, die das Ensemble und seine Studiogäste bemühen, gehen weit über Genre-Konservatismus hinaus.
Folglich ist der fünfte Langspieler des aufgehenden Sterns so kosmopolitisch, wie man heute nur sein kann und wohl auch sein sollte.
FAZIT: Bastien Lallement bietet auf seinem jüngsten Werk Songpoesie vom Feinsten. Mit "Danser Les Filles" dürfte dem kleinen, drahtigen Typen endgültig gelingen, das altgediente Liedermachertum Frankreichs Nachgewachsenen - nicht nur in seiner Heimat - schmackhaft zu machen. <img src="http://vg08.met.vgwort.de/na/d5cd1a2d69c34529a6733606ca1692a7" width="1" height="1" alt="">
Punkte: 12/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 27.09.2019
Zamora / Broken Silence
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27.09.2019