<b>„Staubkörner sind wir, die sich auf einer Kugel verteilen, die mit 30 Kilometer in der Sekunde um einen Feuerball herumrast. Wenn diese brachiale Erkenntnis erst einmal vom Verstand in den Bauch gesickert ist und von diesem zu Gefühl umgeknetet wurde, muss man diesem einfach Ausdruck verleihen. […] Hier muss schweres Geschütz her. Bedient von schweren Kerlen.“</b> (CALMA)
Wenn‘s um die musikalischen Stimmungen geht, welche die Hamburger Band CALMA auf „Black Jesus And White Lines“ verbreiten, dann reicht im Grunde schon ein Blick auf das finstere LP-Cover: Psychedelischer Doom und Stoner Rock der fetten Art, bedrohlich und manchmal aggressiv – oder um‘s mit deren Selbstbeschreibung zu schubladisieren: „Elefantige Gitarren und walschwerer Bass, nach vorne geprügelt von Trommeln aus der Tiefe. Doom gelaufen, wenn du‘s nicht spürst.“
Also für die Säugetierwelt zu Land und Wasser haben CALMA wie‘s scheint jede Menge über. Da hätten sie den Trommeln auch noch ein „klapperschlangrige“ hinzufügen können – dann würde es rundum passen. Der Musiker verbunden mit dem Klang der Natur und brachialer Instrumente. Das ist CALMA, die noch dazu den Jesus zum Neger (Au weia, darf man das denn noch schreiben?) und den Horizont zu einer weißen Linie machen. Mitten darin, wenn man das LP-Cover genauer betrachtet, das doom-psychedelische Stoner-Rock-Quartett, welches wahrscheinlich mit ihrem schwarzen Jesus in Richtung BLACK SABBATH unterwegs ist, um dort immer „Go Ahead“ den <a href="https://www.youtube.com/watch?v=lwho-F9rL3E" target="_blank" rel="nofollow">„Slave“</a> des apokalyptischen <a href="https://www.youtube.com/watch?v=QuRqZnBr2Os" target="_blank" rel="nofollow">„Burning Sky“</a> zu huldigen, womit auch schon die erste LP-Seite nach diesem brachialen, fetten Rock-Feuerwerk zu Ende geht.
KYUSS und QUEENS OF THE STONE AGE kommen einem bei CALMA immer wieder in den Sinn, während die Hamburger Buben sich wild an ihren Instrumenten auslassen und Sänger Costa Christofides seine schaurig-bedrohlichen Texte rau-laut intoniert und sogar den Weltuntergang mit der Sucht nach einer kurzen Liebe verbindet, die irgendwie immer wieder im Chaos endet.
Manchmal wünscht man sich beim Hören aber auch ruhigere, psychedelisch verspieltere Momente, mit denen CALMA leider viel zu sehr geizen. Immer mitten auf die Zwölf statt auch mal ein bisschen mehr für‘s arg geschundene Herzchen. Schade, dass hier der Mut zu stärkerer Abwechslung noch fehlt – und all den Walen und Elefanten nicht auch mal ein paar Delphine und Mücken entgegengestellt werden.
Und dass diese Klangreise der härteren Art, deren Sound manchmal etwas zu dumpf und basslastig ausfällt, natürlich am allerbesten auf Vinyl wirkt, weil CALMA angeblich auch „die Ruhe vor dem Sturm“ sind, muss unbedingt noch erwähnt werden. Denn wenn schon schwarz, dann bitte auch richtig, weil eben der Sound von Vinyl viel, viel mehr als nur ein digital-silbriges Hörerlebnis sein sollte. Hier lauert dann aber doch noch eine unerwartete Überraschung der besonderen Art. Denn wer die LP im Gatefold-Cover ersteht, wird gehörig Augen machen und dann entdecken, was die „weißen Linien“ bedeuten – nicht etwa dass ein schwarzer Jesus sich eine weiße Linie Koks in die Nase ballert, sondern die Musik zieht ihre weiße Linie auf dem Plattenteller. Tatsächlich: weißes Vinyl! Richtig schön anzusehen.
FAZIT: Die Hamburger Band CALMA beschwört auf „Black Jesus And White Lines“ mit psychedelischem Doom und Stoner Rock der fetten Art, bedrohlich und manchmal aggressiv, die guten alten Zeiten früher KYUSS und QUEENS OF THE STONE AGE. Bleibt abzuwarten, welche eigenen Spuren die Hamburger noch hinterlassen werden – die Fährte, welche sie auf ihrem Debüt-Album legen, ist auf jeden Fall schon sehr interessant!
Punkte: 11/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 02.08.2019
Alex Rötterink
Costa Christofides
Matze Marquardt, Costa Christofides
Stefan Ahrens
Black Jesus Records/Soulfood/Believe
42:58
29.03.2019