Auf ihrem zweiten Album verzichten CEILD gänzlich auf Gesang, nachdem sie sich mit ihrem Erstling als Vertreter einer modernen Lesart von "extremem" progressivem Metal präsentierten, bei der wüstes Gebrüll nicht verpönt ist. "A View" bestätigt nun den bereits erweckten Eindruck, die Franzosen seien nicht nur virtuose Instrumentalisten, sondern auch ausgezeichnete Songwriter - und das umso mehr, weil ihre Kompositionen auch ohne Vocals "sprechen".
Die jungen Herren haben sich beim Schreiben der Songs in ein fiktives Wesen hineinversetzt, dessen Art sie nicht weiter illustrieren, doch just dadurch wirkt die Musik auf "A View" abstrakt unpersönlich, ohne den Hörer in emotionaler Hinsicht im Regen stehenzulassen. Will heißen: CEILD berühren, treten aber als Menschen und Mucker hinter ihrer "Kunst" zurück.
Zugute kommt dem Quartett sicherlich seine Anfangszeit als sphärische Death-Metal-Combo (Debüt "At The Heart Of A Tree", 2015), denn wie gesagt: der trotz fehlender Vocals weiterhin lobenswert liedhafte Charakter seines aktuellen Materials hat eine Menge für sich. Schlagzeuger der Studio-Besetzung war übrigens Hypno5es großartiger Théo Bègue, der mittlerweile von Antoine Van der Zijden abgelöst wurde, doch der ehemalige Trommler prägt "A View" einen detailreichen Stempel auf, der fast allein für eine eingehende Beschäftigung mit der Platte spricht.
Mit dem etwas längeren 'Elephant', dem tragisch anmutenden 'Sailed' sowie dem aggressiv hämmernden 'Falaise' hat der Vierer um die beiden federführenden Gitarristen Clément und Charles aber auch ansonsten schlagfertige Nummern im Angebot, die sowohl Post-Metal-Freunde als auch die Muckerpolizei ansprechen dürften. Dass die Mitglieder nicht protzen, sondern ihre Talente effektiv zum Erzeugen von Stimmungen nutzen, macht sie innerhalb der zeitgenössischen Instru-Szene quasi zu Selbstläufern.
FAZIT: CEILD verstehen den ersten und letzten Song ihres aktuellen Werks als konzeptionelle Klammer, sodass man den Titel der Platte im Grunde auch als "A View … From The Inside" anführen könnte. Tatsächlich stellt sich der Inhalt als introvertierte Instrumentalmusik mit gezielt gesetzten Momenten heraus, in denen die Protagonisten aus sich herausgehen, überzogen mit einer zackig dramatischen Metal-Legierung. Dass beinahe jeder Track auf einem rasch fassbaren Motiv der rhythmischen oder melodischen Sorte beruht, macht diese Geschichte prinzipiell nicht nur für ein Spezialpublikum interessant … auch wenn es noch ein gutes Stück Weg bis zu Long Distance Calling ist. <img src="http://vg06.met.vgwort.de/na/221eba31b75240c79692a11a790ed932" width="1" height="1" alt="">
Punkte: 12/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 27.01.2019
SAOL / H'art
55:25
25.01.2019