Geschlagene 15 Stücke in einer Dreiviertelstunde (eins obendrein in verkürzter Version) stellt Charley Crockett auf seinem neuen Album zur Diskussion, doch "The Valley" ist zum Glück zugleich so vielfältig und in sich stringent ausgefallen, dass man sich davon ebenso wenig erschlagen wie gelangweilt fühlt. Der Südtexaner vertritt von jeher den Urtypus des Country-Barden und hat ziemlich wenig mit dem glattgebügelten und millionenschweren Mainstream zu tun, der vor allem aus Nashville in die Welt dudelt, und begeistert auch 2019 mit beispiellos uriger Americana.
Die beiden Appetithappen 'The Valley' (mit herrlich süßlichem Lapsteel-Spiel) und 'Borrowed Time' (eine reduzierte Akustikballade) geben die Richtung vor: Stimme im Vordergrund, feinfühlige Begleitung durch wenige Instrumente, die bisweilen auf durchaus kunstvolle Weise gespielt werden, und Stimmungsschwankungen zwischen Euphorie (die Fiddle-Nummer 'Big Gold Minde', das Jingle-Jangle 'The Way I'm Livin''), Wehmut (das Lamento '10,000 Acres', der Schmuse-Soul 'If Not The Fool') und einer Dringlichkeit, in der sich das lose Konzept des Materials im Besonderen widerspiegelt.
Im angesprochenen Titelstück erkennt man es noch nicht, doch '5 More Miles' oder der Banjo-Minimalismus von '9 Pound Hammer' machen sowohl atmosphärisch als auch textlich deutlich, dass Crockett "The Valley" als Rückblick auf seine bedrückende Kindheit versteht, deretwegen er einen starken Freiheitsdrang entwickelte. So wirkt er abwechselnd nachdenklich, aufgewühlt und selbstzufrieden, was eine auch für den Hörer nicht uninteressante Mischung ergibt; so gesehen spiegelt die Scheibe lediglich wider, wie facettenreich das Leben eines jeden Menschen ist.
Niemand von uns ist schließlich immer nur miesepetrig oder happy, und die Grauzonen machen auch die Würze dieses urig tollen Albums aus.
FAZIT: Charley Crocketts sechste LP (eingespielt wenige Tage vor seiner Entscheidung, sich einer lebensnotwendigen Operation am offenen Herzen zu unterziehen!)) ist ein Traum aus amerikanischen Landschaftsbildern, für jedermann sehr gut nachvollziehbaren Emotionen und schlicht hervorragendem Handwerk, sowohl auf spielerischer als auch kompositorischer Ebene - 16 unaufgesetzte Geschichten zwischen Country, Soul, Blues und Folk, die das wahre Leben geschrieben hat, ein Nomadendasein des archetypischen Siedlers auf der Suche nach einem Lebenszweck und einer sowohl geografischen als auch spirituellen Heimat. <img src="http://vg01.met.vgwort.de/na/b4291145b4704606a77ab345e6ac7ff0" width="1" height="1" alt="">
Punkte: 13/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 19.09.2019
Son Of Davy / Thirty Tigers /H'Art
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20.09.2019