Zweieinhalb Jahre nach dem Studiowerk „O“ und dem fabelhaften Doppelalbum „Live In Utrecht“ sind DE STAAT mit „Bubble Gum“ zurück am Start. Und legen sich gleich zum Start mit Donald Trump an: „.Big deal maker / Orange entertainer / Swamp it up 'gator“. Denn „Kitty Kitty“ hat nichts mit kleinen, süßen Kätzchen zu tun, sondern ist eine polemische Abrechnung mit Dummheit, Machtgier, falschen Wahrheiten und Versprechungen. Die Musik dazu ist wieder betont rhythmisch, wäre fast karg, wenn nicht die Keyboards auf- und abschwellend rumpeln und pumpeln würden. Klingt ein bisschen wie eine besoffene Party bei der gleichzeitig THE PRODIGY (als sie noch gut waren) und die B 52’s (ohne weibliches Gesangspendant) abgespielt würden. Im zweiten Track kommt noch eine Prise BEASTIE BOYS hinzu, ohne allerdings Hip Hop-Muster zu strapazieren.
Auch „Pikachu“ hat wenig mit der gelbgesichtigen Pokémon-Leitfigur zu tun. Zu mechanischen Elektrobeats – wie ein wüster Alptraum Lady Gagas – und flirrenden Synthesizer-Sounds wird manisch das Instagram-Gepose veralbert. „Phoenix“ wird nach „Blade Runner“-Opening geradezu romantisch. DE STAAT sind immer wieder für Überraschungen gut, sitzen zwischen designten Plastikstühlen und fühlen sich dort ausgesprochen wohl. Natürlich fliegt der „Phoenix“ im weiteren Verlauf Richtung Industriekulturlandschaft im Halbdunkel. Hinsetzen und verklärtes Träumen ist nicht drin. Nahe dran kommt noch „Tie Down“ mit Gastsängerin Luwten, das stellenweise sogar Spuren von PRINCE im psychedelischen Taumel enthält.
Obwohl „Bubble Gum“ ein gewisser 80er-Touch nicht abzusprechen ist, wird es nicht zur Vergangenheitsverklärung. DE STAAT tummeln sich gekonnt zwischen krachigem Alternative-Rock, stampfendem Independent-Techno und handfestem Art-Pop und schaffen so erneut ein ganz eigenes Gebräu, das wie üblich von faszinierend eigenwilligen Musikvideos begleitet wird. Kunstvoll, überkandidelt, witzig, ohne albern zu sein; kein Effekt kann zu billig sein, um nicht genutzt zu werden. In diesem Staat lässt sich’s leben, und er wächst.
FAZIT: „Flossine Zuckerwatte-Farb-Aroma Pink Bubble Gum“. Was will man mehr? Vielleicht das neue Album von DE STAAT noch dazu. Manöverkritik am modernen Leben, tanzbar, musikgeschichtsbewusst, spröde, überbordend, gerne ein bisschen neben der (melodischen) Spur und nie langweilig, selbst wenn einmal kaum etwas passiert. Zusammengehalten werden die Songs vom einprägsamen, immer etwas gehetzt klingenden Gesang Torre Florims. „’ll be dancing by the fire – fire / I’ll be dancing while you burn the house down“. So sieht’s aus.
Punkte: 12/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 21.01.2019
Jop van Summeren
Torre Florim, Jop van Summeren, Rocco Hueting, Luwten
Vedran Mircetic, Torre Florim
Rocco Hueting
Tim van Delft
Rocco Hueting (special FX, percussion)
Caroline/Universal Music
52:50
18.01.2019