Würden DECISION TO HATE in der Muppet Show auftauchen, dann mit Sicherheit im Oberrang neben Waldorf und Statler, denn im Granteln und Geifern macht den Siegerländern so schnell niemand was vor. Freundliche Weihnachts-Grüße im Black- und Death Metal? - Nicht im Fratzenbuch bei DECISION TO HATE! Die dortige Präsenz kündet immerhin vom „return“ des grimmigen Quartetts, während die alte Internetpräsenz noch mit der fünf Jahre alten Todesanzeige aufwartet (und wird just, als ich die Rezension schreibe, abgeschaltet). Ob bösartige Irreführung oder reine Nachlässigkeit - das zweite Album "Anti-Human Art" hat zweifelsohne mehr als nur Notiz nehmende Aufmerksamkeit verdient.
Als ich Schlagzeuger Cassiel kürzlich auf einem Konzert auf den prägnanten Neunziger-Spirit des Albums ansprach, meinte jener lachend, dass die Musik - zumindest in beachtlichen Teilen - bereits damals entstanden wäre. Das wiederum erklärt einiges und relativiert den Nineties-Worship-Charakter der Metal-Songs, deren (in dem Fall zeitgenössische) Einflüsse nicht von der Hand zu weisen sind. Das gilt für zahlreiche Metal-Bands nicht nur jener Tage, doch kaum jemand lässt Necrophobics bis heute unübertroffenen Einstand "The Nocturnal Silence" so gelungen - episch, melodisch, brutal - nachhallen wie DECISION TO HATE in dem einen ("I Hate Myself") oder anderen Song ("On Your Knees In Front Of The Priest"). Was Tim Brambach auf der Lead-Gitarre zockt, klingt nach der ehrwürdigen Schule von David Parland (r.i.p.) und Sebastian Ramstedt, und zwar im besten Sinne(r).
Mit grooviger Wucht erinnert wiederum "New Age Templar" an die stärksten Jahre von Slayer, also jene Band, die wiederum auch Necrophobic einst maßgeblich inspiriert hatte. Aufgelockert wird der schwermetallische Reigen durch atmosphärische Piano-Stücke, die sich nahtlos einfügen und einmal mehr die Erinnerung an ganz große Klassiker wecken. "Anti-Human Art" wirkt somit fast schon erfrischend aus der Zeit gefallen, hätte gut und gerne vor rund 25 Jahren erscheinen können - und wäre damals vielleicht sogar ein Klassiker geworden. Dass das Album auch heute für Metal-Fans und vor allem Anhänger der genannten Bands absolut hörenswert ist, liegt an der kompromisslosen Darbietung der gesamten Band, und ihrer engstirnigen Ausrichtung - das Gesamtkunstwerk ist zweifelsohne ein schlüssiges, ja, bis ins letzte Detail konsequentes, inklusive Gustave-Doré-Cover und einem Text-Font, der nach dem Jahr 2000 nur noch selten Verwendung findet, sich jedoch für blasphemische und misanthropische Zeilen eben jener traditionell "anti-humanen" Machart anbietet. "My hate is general, I detest all man", stellt Sänger Thogarma im Titelsong mit ruhiger Stimme fest, und es ist einer der wenigen Momente, in denen er weder grollt noch giftet. Wer mit diesem Duktus nichts anfangen kann, für den dürfte dieses an Klischees erbarmungslos reichhaltige Album zur Folter taugen.
FAZIT: Wer bei einer Band mit einem Namen in unendlich hasserfüllter Unleashed-Tradition mehr als traditionale Metal-Elemente erwartet, der wird an "Anti-Human Art" keine Freude haben. Wer - immer noch oder wieder - Feuer und Flamme für den melodisch-mächtigen Black / Death Metal der Neunziger zwischen Necrophobic und Dissection ist, der wird kaum umhin kommen, DECISION TO HATE Anerkennung für eine leidenschaftliche Darbietung ihrer ausgefeilten Songs zu zollen, die gut ins Ohr gehen und auch beim x-ten Durchlauf einfach Laune machen. Selbst Waldorf und Statler haben in dieser Hinsicht kaum einen Grund, zu meckern, zumal durch die Klavier-Interludien für Abwechslung gesorgt ist.
Punkte: 12/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 18.03.2019
Matthias Muth
Thogarma
Tim Brambach, Thogarma
Cassiel
Turnip Music
55:31
01.12.2018