Das kirschfarbene Adlerauge aus Schweden macht wieder Pop-Musik und hat wie zu seinen, schon verdammt lange zurückliegenden Hochzeiten nicht den scharfen Blick für echte Hookline-Melodien verloren!
Auf „Streets Of You“ jagt ein Hit den nächsten und die Stimme von EAGLE-EYE CHERRY ist noch immer so typisch näselnd und charismatisch, dass man trotz der einen oder anderen banal anmutenden Pop-Melodie große Freude an dem Album hat, wenn man noch gerne in den Erinnerungen schwelgt, als <a href="https://www.youtube.com/watch?v=zHxnm1-gVS4" rel="nofollow">„Save Tonight“</a> vor über 20 Jahren einerseits ein Hitparaden- und andererseits ein Schlüpfer-Stürmer war, der sich neben anderen großartigen Hits von der LIGHTHOUSE FAMILY bis zu BRUCE HORNSBY verdammt gut machte.
Aber anno 2018 sind auf dem neuen Album des Pop-Schweden (Ja, nicht nur ABBA waren schwedische Hit-Garanten!) auch einige Folk- und Country-Einflüsse – Andere würden wohl den Begriff Americana verwenden – zu erkennen, die seiner doch in erster Linie dem Pop verbundenen Musik nicht wirklich förderlich sind. Unverkennbar und unüberhörbar ist der Einfluss von Nashville, das er extra bereiste, damit sein aktuelles Album wohl diesen besonderen Americana-Einfluss erhält.
Doch mit dem Titelsong <a href="https://www.youtube.com/watch?time_continue=4&v=OURCSwV9-3M" rel="nofollow">„Streets Of You“</a> startet EAGLE-EYE CHERRY auf dem Album gleich ordentlich in bester Ohrwurm-Manier durch und bietet eine echte Hit-Nummer wie „Save Tonight“ an, mit dem er ja ebenfalls sein 1997er Debüt-Album „Desireless“ eröffnete.
Nur schleichen sich leider auch echt belanglose Pop-Songs in sein Oeuvre ein, wie „While Away“ bei dem der Refrain „And we all came running / Yeah we all came running down / Yeah we all...“ bis zum Erbrechen mit einer Friede-Freude-Eierkuchen-Dance-Melodie ausgelatscht wird, während „House At The End Of The Road“ auch noch mit echt unangenehmen Pedal-Steel-Country-Feeling auf Pop-Schmus liebäugelt.
Demgegenüber stehen dann aber Balladen, die – trotz oftmals recht banal wirkender Texte – einem zu Herzen gehen, wenn man sich gerade in seiner Romantiker-Phase befindet. Da dürfen dann auch bei „Down And Out“ oder „Mother Never Told Me“ Streicher für eine gehörige Portion Schmalz sorgen, der aber nicht ins Kitschige abrutscht.
Die Höhepunkte des Albums lassen aber bis fast zum Ende hin auf sich warten: „We Ain‘t Dead“ überzeugt unmittelbar nach der akustischen Blues-Nummer „Rise Above“, die noch dazu mit Mundharmonika aufgehübscht wird, als vorletzter Song nicht nur durch den schmerzlichen Trennungstext, sondern auch eine großartige, soulige Melodie und den Einsatz von Saxofon, Klarinette, Posaune und Trompete. Viel mehr Songs mit diesem Bläsereinsatz oder der akustischen Blues-Verliebtheit und „Streets Of You“ wäre ein richtig großer Wurf geworden. So driftet das Album leider noch viel zu oft in belanglosem, radioformatigem Mittelmaß ab.
FAZIT: Auf die Alben von EAGLE-EYE CHERRY muss man immer sehr lange warten. Diesmal sechs Jahre – die Zutaten aber ähneln sich seit seinem 1997er-Debüt. Auch auf „Streets Of You“ gibt es echte Pop-Hits und belanglose Radio-Mucke zu hören, wobei natürlich die näselnde, unverkennbare Stimme des Schweden, die wie geschaffen für große Pop-Songs ist, für sich spricht. Die echten Highlights des Albums sind aber gerade die Songs, in denen EAGLE-EYE CHERRY sich aus seinem oft viel zu eng geschnürten Pop-Korsett zu befreien versucht.
Punkte: 10/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 06.02.2019
Papa Cherry Records/Warner
49:01
16.11.2018