Bei "Live in Tórshavn" handelt es sich dem Titel gemäß um eine Rückschau auf die bisherige Karriere von Eivør Pálsdóttir im Live-Format, genauer gesagt Songs der Alben "Room", "Bridges" und "Slør", allesamt aufgenommen 2017 in einem für Konzerte verwendeten Theateraltbau der Stadt Tórshavn auf den Färöer Inseln.
Die Künstlerin stand dort gemeinsam mit einem Instrumentalduo auf der Bühne, dem Bassisten und Keyboarder Mikael Blak sowie Drummer Høgni Lisberg, der zudem mitsang. Zu dritten stellen sie das Eivørs Werk in einen wavig-elektronischen Kontext, der dem futuristischen Fairy Folk der jungen bis mittelalten Björk nicht unähnlich ist, aber auch rockige Gesten zulässt.
So verspielt die Arrangements unter rhythmischen Gesichtspunkten sind, so geradlinig eingängig bleiben die nach wie vor mit ihren jeweiligen Studiofassungen vergleichbaren Songs. Das schleichende 'Brotin', der hier kratzig Ohrwurm 'Salt', in dessen minimalistischem Klangbett die Stimme der Wahl-Kopenhagenerin durch Mark und Bein geht, und das euphorische 'On My Way To Somewhere' stehen beispielhaft sowohl für die Stimmung an jenem Abend - zurückhaltend und dennoch emotional stark aufgeladen - als auch das stilistische Spektrum, in dem sich das Trio bewegt.
Im Übrigen wird Tontechniker Hallur Johnsson nicht umsonst als Soundgestalter mit aufgeführt. Er belegt die einzelnen Tonspuren, auch die Vocals, an den passenden Stellen mit verfremdenden Effekten und unterstreicht die weltfremde Atmosphäre dadurch zusätzlich. Eine anscheinend die gesamte Menschheit umarmende Ballade wie 'Verð mín' oder 'Famous Blue Raincoat' wird somit um weitere Deutungsmöglichkeiten bereichert.
Unser Highlight: das schamanische 'Trøllabundin als Inbegriff modern inszenierter nordischer Folklore. In diesem kann man sich also doch noch auf völlig klischeefreie Weise bewegen.
FAZIT: Eivør Pálsdóttirs Musik klingt live deutlich anders als auf ihren Studioalben, was "Live in Tórshavn" auch für Fans der Sängerin und Komponistin zu einem Pflichtkauf macht, die Konzertalben nicht schätzen. Wer kunstvollen Pop mit Anspruch schätzt, wie man ihn in den letzten 20 Jahren viel zu selten gehört hat, kann sich mit dieser Veröffentlichung rasch einen Überblick über das Schaffen dieses nahezu beispiellosen skandinavischen Phänomens machen. <img src="http://vg09.met.vgwort.de/na/406011285e9e42baa30cc0bb00feffe6" width="1" height="1" alt="">
Erschienen auf www.musikreviews.de am 06.03.2019
By Norse / Membran
74:50
08.03.2019